SMA bescheinigt dem Tiefbahnhof eine "wirtschaftlich optimale Betriebsqualität". Den Schlussbericht gibt es zum Herunterladen im Netz.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Die entscheidenden Sätze finden sich auf Seite 13 eines Werkes (PDF), dessen Erscheinen von manchen schon zu einem der herausragendsten Ereignisse der jüngeren Landesgeschichte ernannt wurde. "Unsere Prüfung der Simulationsergebnisse hat gezeigt, dass die geforderten 49 Ankünfte im Hauptbahnhof Stuttgart in der am meisten belasteten Stunde und mit dem der Simulation unterstellten Fahrplan mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität abgewickelt werden können", schreibt Werner Stohler, Chef der Schweizer Eisenbahnsystemplanungsgesellschaft SMA. Danach kommt er zu dem Schluss: "Die vom Schlichter geforderten anerkannten Standards des Eisenbahnwesens sind eingehalten."

 

Damit ist nun amtlich, was Gegner und Befürworter von Stuttgart21 bereits seit Tagen - je nach Sichtweise - befürchtet oder erhofft haben: Der geplante Tiefbahnhof hält dem Stresstest des neutralen Gutachters aus der Schweiz stand. Zwar komme es bei einer Zahl von 49 Zügen während der Spitzenstunde zwischen 7und 8 Uhr "zu einem leichten Verspätungsaufbau im Zulauf zum Hauptbahnhof und anschließend auch wieder auf der Wegfahrt von Stuttgart nach außen". Die eingeplanten Fahrplanreserven im neuen Hauptbahnhof "erlauben dagegen einen Verspätungsabbau, der größer als die beiden anderen Durchschnittswerte ist". Konkret heißt das: nach Meinung von SMA wird Stuttgart 21 in der Lage sein, Verspätungen zwar nicht in großem Stil, aber doch merkbar zu verringern.

Normen anzuzweifeln gehöre nicht zum Aufgabenbereich

Ob damit die Anforderung des Schlichters Heiner Geißler, der einen Fahrplan mit "guter Betriebsqualität" sehen wollte, erfüllt ist, lässt SMA-Chef Stohler allerdings offen. Er verweist auf das Regelwerk RiL 405 der DB Netz AG. Darin sind im Blick auf die Betriebsqualität vier Qualitätsmerkmale definiert: "Premium", "wirtschaftlich optimaler Leistungsbereich", "risikobehaftet" und "mangelhaft". Vereinfacht formuliert heiße "Premium", dass alle Systemelemente so zusammenwirken, "dass sich ein Verspätungsabbau einstellt". Von einer "wirtschaftlich optimalen" Betriebsqualität könne gesprochen werden, wenn "sich Verspätungen nicht abbauen, sondern gleich bleiben oder nur minimal erhöhen".

Zumindest "über diese technisch-wirtschaftliche Vorgabe herrscht Konsens zwischen Eigentümer, Aufsichtsbehörden und der wirtschaftlich verantwortlichen Infrastruktur-Gesellschaft", schreibt Stohler lakonisch in dem 202 Seiten starken Werk, das er am Donnerstag an die Bahn, das Land und den Schlichter Heiner Geißler übergeben hat. Danach aber wird er ebenso ärgerlich wie unmissverständlich. Es könne nicht Aufgabe des Gutachters sein, "die in Deutschland geltenden Normen in Zweifel zu ziehen", stellt der SMA-Chef fest. Dieses Thema gehöre "auf die politische Ebene". Es berühre die Frage, "welche strategischen Vorgaben der Unternehmenseigner an die Unternehmensführung vorgibt".