Eine Stuttgarter Anwaltskanzlei ist in den Strudel um die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 geraten. Ein Mitarbeiter hat die Kanzlei verlassen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Slogan der Anwälte von Gleiss Lutz ("Exzellenz hat einen Namen") klingt derzeit ein wenig schal. Seit die Regierung Mappus wegen Verfassungsbruchs beim EnBW-Deal verurteilt wurde, steht die renommierte Großkanzlei am Pranger. Sie soll das Land bei dem Milliardengeschäft am Landtag vorbei falsch beraten haben, weshalb die neue grün-rote Regierung Schadenersatzansprüche prüfen lässt. Gleiss Lutz äußert sich zu den Vorwürfen nicht, ist über die Negativschlagzeilen aber sicher wenig begeistert.

 

Nun hat die Kanzlei in einem ganz anderen Zusammenhang die Reißleine gezogen, um nicht erneut ins Zwielicht zu geraten. Drei Tage nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs wandte sich ein emeritierter Freiburger Rechtsprofessor - Manfred Löwisch (74) sein Name - an die Medien. Er werde beim Staatsgerichtshof Klage gegen die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 einreichen, kündigte er per Pressemitteilung an. Der Gesetzesvorschlag zur Befragung der Bürger verstoße nämlich "eindeutig gegen die Landesverfassung". Nach dieser seien Abschluss und Kündigung der Verträge, über die das Volk entscheiden soll, nämlich allein Sache der Landesregierung. Ob Löwisch überhaupt als Privatmann klagen darf, wird beim Staatsgerichtshof nun geprüft. Es sei in der Tat eine "rein private Initiative", betont der Arbeitsrechtler.

Arbeitsrechtliche Fragen

Doch kaum war sein Vorschlag öffentlich, wurde auch schon festgestellt, für welche Kanzlei er tätig ist. Richtig: Gleiss Lutz. Dort kümmert er sich seit 2005 vor allem um arbeitsrechtliche Fragen. Ausgerechnet ein Mitglied jener Anwaltsfirma, der die Landesregierung gleichsam Anleitung zum Verfassungsbruch vorwirft, verklagt die Landesregierung seinerseits wegen Verfassungsbruchs - das fand man bei Gleiss Lutz gar nicht lustig. Kaum waren die ersten Medienberichte erschienen, wurde der Vertrag mit Löwisch auch schon aufgelöst, angeblich einvernehmlich. Weder zum Projekt Stuttgart 21 noch zum Volksentscheid, hieß es, beziehe man irgendwie Stellung.

Mit den Anwälten, die beim EnBW-Kauf zugange waren, scheint Gleiss Lutz nicht so rigoros umzugehen. Der Chef des zehnköpfigen Teams, das einst die Regierung - womöglich falsch - beriet, ist ebenso weiterhin an Bord wie seine Kollegen.