Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Mitten in der Veranstaltung erreichte ihn die Nachricht, dass Ministerpräsident Kretschmann und sein Vize Nils Schmid bei ihrer gemeinsamen Plauderstunde zur Hundert-Tage-Bilanz der Landesregierung gefordert hatten, dass der Südflügel des Bahnhofs auf keinen Fall abgerissen werden dürfe, ehe das Volk über Stuttgart21 abgestimmt hat. Wolfgang Dietrich war sprachlos.

 

Einen Tag später fallen seine Kommentare umso heftiger aus. "Wer gibt der Bahn die Garantie, dass so eine Volksabstimmung noch in diesem Herbst stattfindet?", ruft Dietrich. "Wer sagt denn, dass sie überhaupt jemals stattfindet? Was machen wir, wenn sie nicht kommt? Sagen wir dann April, April und lassen uns was Neues einfallen? Was geschieht, wenn irgendjemand dagegen klagt? Dann verzögert sich das alles um mindestens ein Jahr. Die Bahn soll in dieser Zeit nicht bauen, wird aber gleichzeitig dafür verantwortlich gemacht, wenn die Kosten nicht eingehalten werden können. Um es in den Worten von Herrn Kretschmann zu sagen: Es ist unredlich, von der Bahn etwas zu verlangen, was die Regierung selbst nicht garantieren kann."

Die Projektpartner wollen keinen Baustopp, sagt Dietrich

Derart in Fahrt geraten schießt Dietrich eine verbale Breitseite nach der anderen ab. Nach Prüfung durch Juristen der Bahn sei er überzeugt davon, dass die Volksabstimmung "ein Phantom" sei. Ebenso verhalte es sich mit der Kombinationslösung von Tief- und Kopfbahnhof, die der Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler und der Chef der Schweizer Verkehrsplanungsgesellschaft SMA, Werner Stohler, ins Gespräch gebracht haben. "All diese Phantome dienen nur dazu, die Arbeiten an Stuttgart21 zu verzögern", behauptet Wolfgang Dietrich.

Statt auf solche Art destruktiv zu agieren, solle die Regierung "mal einen Blick in ihre Verträge werfen", schimpft Dietrich, "dann wüsste sie, dass die Bahn nicht nur das Recht hat, in Stuttgart zu bauen, sondern die Pflicht". Bei der Gelegenheit empfehle er dem Ministerpräsidenten ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und dem Regionalpräsidenten Thomas Bopp: "Dann würde er erfahren, dass die anderen Projektpartner keinen Baustopp wollen, sondern das Gegenteil." Die Konsequenz daraus sei eindeutig, sagt Dietrich: "Wir sind mit den vorbereitenden Maßnahmen acht bis neun Monate im Verzug. Das heißt, es ist schon fünf nach zwölf. Bis zum Ende des Jahres müssen die Bäume weg und der Südflügel muss abgerissen sein."

"Sagen wir dann April, April und planen was Neues?"

Mitten in der Veranstaltung erreichte ihn die Nachricht, dass Ministerpräsident Kretschmann und sein Vize Nils Schmid bei ihrer gemeinsamen Plauderstunde zur Hundert-Tage-Bilanz der Landesregierung gefordert hatten, dass der Südflügel des Bahnhofs auf keinen Fall abgerissen werden dürfe, ehe das Volk über Stuttgart21 abgestimmt hat. Wolfgang Dietrich war sprachlos.

Einen Tag später fallen seine Kommentare umso heftiger aus. "Wer gibt der Bahn die Garantie, dass so eine Volksabstimmung noch in diesem Herbst stattfindet?", ruft Dietrich. "Wer sagt denn, dass sie überhaupt jemals stattfindet? Was machen wir, wenn sie nicht kommt? Sagen wir dann April, April und lassen uns was Neues einfallen? Was geschieht, wenn irgendjemand dagegen klagt? Dann verzögert sich das alles um mindestens ein Jahr. Die Bahn soll in dieser Zeit nicht bauen, wird aber gleichzeitig dafür verantwortlich gemacht, wenn die Kosten nicht eingehalten werden können. Um es in den Worten von Herrn Kretschmann zu sagen: Es ist unredlich, von der Bahn etwas zu verlangen, was die Regierung selbst nicht garantieren kann."

Die Projektpartner wollen keinen Baustopp, sagt Dietrich

Derart in Fahrt geraten schießt Dietrich eine verbale Breitseite nach der anderen ab. Nach Prüfung durch Juristen der Bahn sei er überzeugt davon, dass die Volksabstimmung "ein Phantom" sei. Ebenso verhalte es sich mit der Kombinationslösung von Tief- und Kopfbahnhof, die der Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler und der Chef der Schweizer Verkehrsplanungsgesellschaft SMA, Werner Stohler, ins Gespräch gebracht haben. "All diese Phantome dienen nur dazu, die Arbeiten an Stuttgart21 zu verzögern", behauptet Wolfgang Dietrich.

Statt auf solche Art destruktiv zu agieren, solle die Regierung "mal einen Blick in ihre Verträge werfen", schimpft Dietrich, "dann wüsste sie, dass die Bahn nicht nur das Recht hat, in Stuttgart zu bauen, sondern die Pflicht". Bei der Gelegenheit empfehle er dem Ministerpräsidenten ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und dem Regionalpräsidenten Thomas Bopp: "Dann würde er erfahren, dass die anderen Projektpartner keinen Baustopp wollen, sondern das Gegenteil." Die Konsequenz daraus sei eindeutig, sagt Dietrich: "Wir sind mit den vorbereitenden Maßnahmen acht bis neun Monate im Verzug. Das heißt, es ist schon fünf nach zwölf. Bis zum Ende des Jahres müssen die Bäume weg und der Südflügel muss abgerissen sein."

Eine zukunftsweisende Haltung?

Was in Stuttgart geschehen wird, wenn der neuen verbalen Härte des Projektsprechers entsprechende Taten folgen, ist schwer einzuschätzen. Einerseits stabilisiert sich die Zustimmung zu dem umstrittenen Projekt in der Bevölkerung bei gut fünfzig Prozent, andererseits bleibt auch die Zahl der strikten Gegner bei einem Drittel stehen. Die Hardliner im Lager der Befürworter werden applaudieren und in Wolfgang Dietrich ihren neuen Helden sehen. Die vehementen Gegner haben ein weiteres Feindbild gewonnen, dessen Konterfei sie schon bei der nächsten Großdemonstration am 26. August vor sich hertragen können.

Wolfgang Dietrich selbst scheint das nicht anzufechten. Gestern hat er seine zuletzt ohnehin nur noch mühevoll aufrechterhaltene Zurückhaltung aufgegeben - und damit gleichzeitig seinen Frieden mit sich gemacht. "Was soll's?", fragt er am Ende, "es wird so oder so Proteste geben, wenn der Südflügel abgerissen wird - egal, ob zuvor eine Volksabstimmung stattgefunden hat oder nicht." Doch ob solch eine Haltung zukunftsweisend ist?

Hintergrund: Der Weg zur Volksabstimmung

20. April: Grün-Rot einigt sich auf eine Volksabstimmung über Stuttgart 21, sofern die Kostenobergrenze von 4,5 Milliarden Euro bei dem Projekt nicht schon zuvor überschritten wird.

20. Juli: Grün-Rot scheitert im Landtag mit dem Vorhaben, noch vor einer Volksabstimmung über S 21 durch eine Änderung der Landesverfassung die Zustimmungshürden abzusenken.

26. Juli: Grün-Rot bringt ein Stuttgart-21-Ausstiegsgesetz auf den Weg. Sollte es nach zwei Lesungen im Landtag abgelehnt werden, könnte das Volk über den Entwurf befinden.