Drei Projektgegner, die im Februar die Baumfällungen im Schlossgarten verhindern wollten, wehren sich gegen Bußgelder in Höhe von jeweils 100 Euro – aber die Richterin lässt ihre Argumente nicht gelten.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Sie waren gekommen für ein letztes Aufbäumen gegen den Bau des Tiefbahnhofs, zum Schutz des Parks gegen die Sägen und Bagger der Bahn: Die Demonstranten, die in der Nacht auf den 15. Februar einen Teil des Mittleren Schlossgartens besetzt hatten – vergeblich, sie stoppten die Baumaschinen nicht. Tags drauf ließ die Bahn die Bäume fällen.

 

Weil sie nicht weichen wollten, als die Stadt die Versammlung aufgelöst und ein Aufenthalts- und Betretungsverbot verhängt hatte, müssen rund 60 von ihnen nun 100 Euro Bußgeld an die Stadt Stuttgart bezahlen. Viele sehen das nicht ein und wehren sich. Drei von ihnen kämpften am Dienstag vor dem Stuttgarter Amtsgericht gegen den Bußgeldbescheid – ebenfalls vergeblich. Sie müssen nun doch bezahlen.

Den Schutz des Schlossgartens im Sinn

„Das Aufenthalts- und Betretungsverbot konnte mich nicht hindern“, sagte ein 54-jähriger Stuttgart-21-Gegner. Er sei gegen 6.30 Uhr von der Polizei nach mehrmaliger Aufforderungen, zu gehen, weggetragen worden. Ähnlich wie er argumentierten seine beiden 44 und 41 Jahre alten Mitstreiter. „Der Schutz des Schlossgartens war für mich ein höheres Ziel als die Befolgung der Anordnungen“, sagte der 44-Jährige über die Nacht. Der 41-Jährige war der dritte Demonstrant, den die Polizeibeamten bei dem Großeinsatz wegführten, nachdem die Räumung des Schlossgartens gegen 4.45 Uhr angekündigt worden war.

Der 44-Jährige ließ sich von einer Anwältin vertreten. Sie plädierte dafür, ihren Mandanten – und damit auch die beiden anderen Männer – freizusprechen. Ihr erschließe sich nicht, auf welcher Grundlage das Bußgeld verhängt worden sei, ob der Verstoß gegen das Aufenthalts- und Versammlungsverbot der Stadt dafür die Ursache war oder die Tatsache, dass die Demonstranten nach der Auflösung der Versammlung nicht gegangen waren.

Anwältin: Verbot nicht richtig in Kraft

Außerdem sei für die Bürger nicht ausreichend erkenntlich gewesen, ab wann das Verbot in Kraft getreten sei. Zudem, so argumentierte die Anwältin, sei das von der Stadt in einer Allgemeinverfügung verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot für Teile des Schlossgartens nicht richtig in Kraft gesetzt worden. Ihrer Ansicht nach hätte ein Vertreter der Stadt das tun müssen, nicht die Polizei. So sei es vom Verwaltungsgericht vorgeschrieben worden, als Stuttgart-21-Gegner gegen die Allgemeinverfügung klagten.

Die Richterin widersprach dieser Auslegung. Sie habe sich bei ihren Kollegen erkundigt. Das Verwaltungsgericht habe lediglich Wert darauf gelegt, dass das Verbot von der Stadt komme, nicht von der Polizei. Dass die entsprechende Durchsage von der Polizei gemacht worden sei, ändere daran nichts. Die Polizei habe das im Zuge der Amtshilfe getan.

Auch ein weiteres Argument der Verteidigung ließ die Richterin nicht gelten. Die Anwältin argumentierte, die Polizei habe schlampig gearbeitet. Die Abschriften der Lautsprecherdurchsagen würden mit den vorgefertigten Texten nicht übereinstimmen. Der Polizist, der damals über Lautsprecher die Durchsagen gemacht hatte, zückte einen USB-Stick, auf dem die Mitschnitte aufgezeichnet waren. Nachdem sie sich diese Aufnahmen in einer Verhandlungspause angehört hatte, bestand für die Richterin kein Zweifel mehr, dass den Stuttgart-21-Gegnern klar gewesen sein muss, dass sie hätten gehen müssen.