Tausende von Menschen haben auf der letzten Großdemo in diesem Jahr gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 protestiert.

Stuttgart - Tausende Menschen haben am Samstag erneut gegen das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" demonstriert. Zentrales Thema der Kundgebung am Hauptbahnhof war der Schlichterspruch von Heiner Geißler vor rund zwei Wochen. Die Gegner des Projekts betonten am Samstag, dass die Schlichtung ihr Alternativkonzept "Kopfbahnhof 21" bestätigt habe. Im Anschluss an die Kundgebung zogen die Demonstranten über den Cityring. Laut Polizei gab es keine Zwischenfälle.

Nach Veranstalterangaben nahmen über 50.000 Menschen an der Protestveranstaltung teil. Die Polizei sprach hingegen von 16.000 Demonstranten. Unter den Teilnehmern waren auch der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, und die Linkspartei-Vorsitzende Gesine Lötzsch.

Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Aktionsbündnis gegen "Stuttgart 21", dessen Vertreter anders als die selbst ernannten "Parkschützer" an den Schlichtungsgesprächen teilgenommen hatte. Die Faktenschlichter wurden von den Demonstranten mit großem Beifall empfangen, den größten Zuspruch erlebte der Grünen-Politiker Boris Palmer. Kämpferisch legte er dar, dass "Stuttgart 21" nach der Schlichtung ein "zerfledderter Zombie" und "Kopfbahnhof 21" die "am besten geplante Alternative aller Zeiten" sei. Dank der Schlichtung habe man jetzt noch mehr Argumente, warum ein modernisierter Kopfbahnhof die bessere Lösung sei, sagte Palmer. Geißler habe so viele Bedingungen "Stuttgart 21 plus" gestellt, die technisch teils nicht zu realisieren und nicht finanziert seien. "'Stuttgart 21 plus' ist ein Tod auf Raten, wir müssen noch etwas dafür tun", sagte Palmer.

Der Architekt und ehemalige SPD-Bundestagsabgerdnete Peter Conradi äußerte sich enttäuscht über Geißlers Schlichterspruch. Die Nachbesserungen an "Stuttgart 21" hätten mit einem Bau- und Vergabestopp verbunden werden müssen, auch hätte Geißler Vorschläge für eine Bürgerbefragung machen müssen, kritisierte er.

Demonstrationen sollen weitergehen


Die "Parkschützer" wollen am kommenden Samstag (18. Dezember) mit einem "Weihnachtsumzug" gegen "Stuttgart 21" protestieren, wie der Sprecher der Organisation Matthias von Herrmann sagte. Am 20. Dezember soll die letzte sogenannte "Montagsdemonstration" gegen "Stuttgart 21" in diesem Jahr stattfinden. Die erste Protestveranstaltung im Jahr 2011 soll laut von Herrmann am 3. Januar stattfinden.

Gegen "Stuttgart 21" gibt es seit Monaten massive Proteste. Das Bahnprojekt sieht eine Umgestaltung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation vor. Zudem ist eine Hochgeschwindigkeitstrasse nach Ulm geplant. Die Kritiker befürchten unter anderem eine Kostenexplosion des mit derzeit rund sieben Milliarden Euro kalkulierten Projekts.

Am 30. September war eine Baustelle für die ersten Baumfällungen unter großem Polizeiaufgebot eingerichtet worden. Demonstranten stellten sich den Beamten in den Weg, die daraufhin Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke zur Räumung einsetzten. Über hundert Menschen wurden bei dem Polizeieinsatz verletzt, darunter sowohl Demonstranten als auch Polizisten. Nach der Eskalation wurde eine Faktenschlichtung zwischen Gegnern und Befürwortern unter Vorsitz von Heiner Geißler anberaumt. Dieser sprach sich am 30. November für einen Weiterbau von "Stuttgart 21" aus, allerdings mit Nachbesserungen.