Die Stadt Stuttgart hat offenbar mehr Bedenken gegen die Ausweitung des Stuttgart-21-Grundwassermanagements als bisher bekannt. Sie betreffen nicht nur den Tiefbahnhof, sondern auch die Tunnels nach Feuerbach, Bad Cannstatt und Obertürkheim.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart hat erheblich mehr Bedenken gegen die geplante Ausweitung des Grundwassermanagements im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 als bisher bekannt. Das geht aus der Stellungnahme des Umweltbürgermeisters Matthias Hahn (SPD) an das Regierungspräsidium hervor, die der Stuttgarter Zeitung vorliegt. Darin werden auf insgesamt 16 Seiten Nachbesserungen und Forderungen der Unteren Wasserschutzbehörde an die Vorhabenträgerin von Stuttgart 21, die Deutsche Bahn, aufgelistet.

 

Die insgesamt 45 Punkte betreffen nicht nur den Planfeststellungsabschnitt 1.1, also den Tiefbahnhof im Talkessel, sondern auch die Abschnitte 1.5 ( Tunnels nach Feuerbach und Bad Cannstatt) sowie 1.6a (der Tunnel nach Obertürkheim).

„Vertikale Durchlässigkeit“

Besonders gravierend sind aus Sicht der Stadt, die insgesamt „bei maßgeblichen Sachverhalten“ noch „Widersprüche und Informationslücken“ sowie „Klärungs- und Präzisierungsbedarf“ sieht, bisher fehlende „nachvollziehbare und überprüfbare Begründungen für die Mengenerhöhung des Grundwasserandrangs“. Wie berichtet, hat die Bahn im vergangenen Jahr aufgrund neuer Untersuchungen eine Verdoppelung der Grundwassermenge von 3,2 Milliarden auf 6,8 Milliarden Liter beantragt, die während der Bauzeit abgepumpt und dann wieder ins Erdreich infiltriert werden sollen.Aus städtischer Sicht müssen die Bahnplaner auch die Angaben zur „vertikalen Durchlässigkeit“ der Grundgipsschichten im Bereich der Talquerung präzisieren. Im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme müssten auch die Auswirkungen auf die Stuttgarter Mineralquellen bewertet werden, mahnen Hahns Fachleute im Rathaus an. Zu unkonkret erscheinen den Experten auch die im Änderungsantrag der Bahn enthaltenen Ausführungen zur Dolinen-Problematik im Stuttgarter Untergrund. Im Bezug auf einen dieser Hohlräume unter der Willy-Brandt-Straße werde „im Gegensatz zu den aktuellen Erkenntnissen zur vertikalen Durchlässigkeitsverteilung der Grundgipsschichten“ der Eindruck erweckt, die Durchlässigkeit sei an dieser Stelle relativ hoch. Auch hier fordert die Stadt eine Konkretisierung der Angaben.

Auch der Bereich Haltestelle Staatsgalerie ist betroffen

Diese Doline ist offenbar nicht die einzige, auf die die Bahn während ihres Bodenerkundungsprogramms gestoßen ist. Laut Planänderungsantrag wurde „im Bereich der Messstelle BK11/1 GM vermutlich eine Dolinenstruktur erbohrt“. Aus Langzeitpumpversuchen weiß die Bahn, dass dadurch „ein hydraulischer Kontakt zwischen Lettenkeuper und Bochinger Horizont“ verursacht wird. Auch hier verlangt die Stadt eine Bewertung etwaiger Auswirkungen auf die Heil- und Mineralquellen.

Auch entlang der Haltestelle Staatsgalerie, die im Zuge von Stuttgart 21 höher gelegt werden muss, befinden sich Grundwassermodellprognosen der Bahn zufolge „im Grundgips lokal vertikal durchlässigere Bereiche“. Auch hier erwartet die Stadt eine Klarstellung, ob die Trennwirkung der Grundgipsschichten „vermindert ist“. Die Stellungnahme der Stadt muss nun vom Regierungspräsidium geprüft und an das Eisenbahnbundesamt (Eba) weitergeleitet werden. Das Eba ist zuständig für die Genehmigung des von der Bahn beantragten erweiterten Grundwassermanagements.Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßte die Stellungnahme der Stadt: „Offenbar will sich auch die Verwaltung nicht mehr mit dem immensen Risiko für Stuttgart abfinden, das von der chaotischen Planung der Bahn ausgeht“, erklärte die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. Das Eba dürfe „die berechtigten Forderungen und Kritikpunkte auf keinen Fall beiseite wischen“.