Die Fundamente der Schwimmhalle in Untertürkheim reichen weiter in die Tiefe als angenommen. Just dort will die Bahn einen Tunnel für Stuttgart 21 graben. Unklar ist, ob die Arbeiten ohne Auswirkungen für die Badegäste bleiben werden.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Der Bau einer der Stuttgart-21-Röhren zwischen Wangen und Untertürkheim ist ins Stocken geraten. Die Mineure sehen sich mit einer außerplanmäßigen Herausforderung konfrontiert: Die Fundamente des Stadtbads Untertürkheim reichen weiter in den Untergrund als angenommen. Dies wurde am Rand einer Baustellenführung bekannt.

 

Projektsprecher Jörg Hamann bestätigt den Umstand auf Nachfrage. Demnach hat ein Archivfund das Problem zutage gefördert. „Bei einer vertieften Voruntersuchung im Rahmen der Ausführungsplanung wurden in den städtischen Archiven alte Planunterlagen gefunden, aus denen die tatsächliche Gründung des Stadtbades in Form einer Pfahlgründung hervorging“, erklärt Hamann auf Anfrage. Die Schwimmhalle am Rand des sogenannten Kraftwerkskanals, der vom Neckarwasser gespeist wird, ruht demnach auf Pfählen.

Im Genehmigungsverfahren von anderen Voraussetzungen ausgegangen

Noch im Genehmigungsverfahren für den Tunnelabschnitt unter Untertürkheim war eine andere Art der Gründung des Gebäudes angenommen worden. „Auf Grundlage der bis dahin bekannten Unterlagen“, so Hamann, sei man „nicht von einer auf Pfählen gestützten Gründung, sondern von einer Flachgründung ausgegangen“. Zwischen dem oberen Teil des Tunnels, den sogenannten Firsten, und dem angenommenen Ende der Pfähle, auf denen das Bad ruht, bleiben vier Meter Platz. Aber selbst wenn die Pfähle noch länger sein sollten, wird die Bahn den Tunnel unter der Badeanstalt hindurch bauen. In diesem Fall würden die Pfähle „im Rahmen des Tunnelvortriebs konstruktiv abgefangen“, teilt Hamann mit. Dabei würden die Lasten, die auf den Pfählen liegen, auf die Tunnelwand umgeleitet, so der Projektsprecher.

Ende Januar wurde im Bereich des Hallenbaduntergrunds die bislang letzte Sprengladung gezündet, seitdem ruht der Bau dieses Tunnels. Die Bahn konzentriert sich derzeit darauf, die parallel dazu verlaufende Röhre von Wangen kommend unter dem Neckar und dem Kraftwerkskanal voranzutreiben.

Rathaus sieht keinen Einfluss auf Badebetrieb

Die Arbeiten im Untergrund könnten Auswirkungen für die Besucher des Hallenbades haben. „Ob der Badebetrieb wie angestrebt über den gesamten Tunnelvortrieb hinweg aufrechterhalten werden kann, befindet sich derzeit in Abstimmung mit der Landeshauptstadt Stuttgart“, so Hamann. Bei der Stadtverwaltung ist man aber offensichtlich nur bedingt verhandlungsbereit. „Für den Tunnelbau unter dem Bad gibt es die Zusage, dass das Gebäude keinen Schaden nehmen wird. Die Arbeiten werden keinen Einfluss auf den Badebetrieb haben“, erklärt Rathaussprecherin Ann-Katrin Gehrung auf Anfrage unserer Zeitung.

Zwischen den Stadtbezirken Wangen und Untertürkheim liegt ein besonderer Abschnitt des Milliardenvorhabens Stuttgart 21. Die zwei Röhren, die aus der Innenstadt kommend das Neckartal erreichen, verzweigen sich dort in vier Tunnelstränge. Je zwei führen Richtung Obertürkheim, die zwei anderen Richtung Untertürkheim. Der Abzweig liegt dabei unter dem Neckar. Nicht allein deshalb ist der Bau der Tunnel in Untertürkheim nicht trivial. Anwohner und S-21-Kritiker hatten wiederholt vor dem geologisch schwierigen Untergrund gewarnt. Im Bereich des Tunnelverlaufs hat sich der Neckar vor seiner Kanalisierung seinen Weg gesucht und seinen Lauf immer wieder verändert. Im September 2016 sahen sich die Tunnelbauer im Obertürkheimer Ast einem Wassereinbruch ausgesetzt. Auf Höhe der Albert-Dulk-Straße liefen bis zu zehn Liter pro Sekunde in die Röhre. Der Bau wurde vorübergehend gestoppt, die darüber verlaufende Straße musste gesperrt werden. Um den Tunnelbau fortsetzen zu können, musste das benachbarte Sportgelände der Sportgemeinschaft Untertürkheim mit Probebohrungen durchzogen werden, die Freizeitsportler mussten eine Weile ihrem Hobby auf anderen Sportplätzen nachgehen.

Bahn musste schon einmal umplanen

Noch ehe der Tunnelbau unter dem Neckar im Jahr 2015 richtig losgehen konnte, musste die Bahn ein erstes Mal umplanen. Erfahrungen beim Ausheben eines Zugangsschachtes, bei dem die Arbeiter auf deutlich mehr Wasser gestoßen waren als prognostiziert, machten neue Pläne notwendig. Auf einem dreieinhalb Kilometer langen Abschnitt wurden die Tunnel um bis zu vier Meter tiefer angelegt als ursprünglich genehmigt.