Die Bahn hat versucht, der IHK ein Gebäude abzukaufen, unter dem auch ein Stuttgart-21-Tunnel gegraben werden soll. Doch das Geschäft kam nicht zustande.

Stuttgart - Mehrere Hundert Menschen sind am Freitagabend auf Einladung der grünen Gemeinderatsfraktion und der Netzwerk-Initiativen betroffener Bürger im Großen Sitzungssaal des Rathauses zusammengekommen – dort referierten Experten über die Rechtsfragen, die sich wegen der S-21-Tunnelbauten für Grundstücks- und Wohnungseigentümer ergeben. Im Vorfeld hatten neben der weit verbreiteten Empörung über das hinhaltende Verhalten und intransparente Verfahren der Bahn zwei aktuelle Fälle für Wirbel gesorgt. „Diese Entwicklungen vergrößern unsere Besorgnis“, sagte Uwe Dreiss vom Netzwerk Kernerviertel.

 

Zum einen sind das die sich vergrößernden Senkungen und Risse, die am Gebäude der Landeswasserversorgung an der Schützenstraße im Kernerviertel festgestellt wurden, seitdem eine Rettungszufahrt neben dem Wagenburgtunnel gebohrt wird; zum anderen ist es ein bisher gescheitertes Grundstücksgeschäft zwischen der IHK und der Bahn über ein Gebäude an der Jägerstraße, unter dem auch ein S-21-Tunnel gegraben werden soll und das die Bahn vor kaufen und abreißen will.

Die IHK will die Gebäude weiter nutzen

Die IHK und die Bahn bestätigten am Freitag eine entsprechende Meldung des Onlinedienstes Ferpress, der von dem geplatzten Geschäft am Donnerstag berichtete. Die Bahn hat nach monatelangen Verhandlungen der IHK ein Angebot für den Kauf eines Gebäudes unterbreitet, das die Vollversammlung der Kammer Mitte Dezember ablehnte – „einstimmig und nach sehr kurzer Beratung“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Die Kammer baut an der Jägerstraße eine neue Zentrale, der Umzug soll Ende Juni beginnen. Beschlusslage der IHK sei, so Richter, dass die alten Gebäude nicht verkauft, sondern teilweise selbst genutzt und vermietet werden sollen. Deshalb sei die IHK auch nicht an die Bahn herangetreten wegen eines Verkaufs, der Verkehrskonzern habe von sich aus ein Angebot unterbreitet.

Das Kaufangebot wird vom S-21-Kommunikationsbüro bestätigt. Falls die IHK das Gebäude nach dem Umzug nicht mehr benötige und kein Weiternutzungskonzept bestehe, „ist fraglich, wie sinnvoll der technisch aufwendige Erhalt des Gebäudes vor dem Hintergrund der anstehenden Baumaßnahmen ist.“ Offenbar sind für das Bürohaus Sicherungsmaßnahmen und besondere Verfahren beim Tunnelbau nötig, die auf mehrere Millionen Euro taxiert werden. Dazu machte das Kommunikationsbüro keine Angaben. Offenbar will die Bahn diese Kosten sparen. Das Kaufangebot an die IHK soll sich laut Ferpress auf 3,8 Millionen Euro belaufen haben, was vermutlich weit entfernt ist von der möglichen Kostenersparnis. Auch deshalb hat die IHK das Angebot wohl kurzerhand abgelehnt. Zum Preis wollen sich weder das Kommunikationsbüro noch die IHK äußern.

Der Hauptgeschäftsführer ärgert sich

Für Richter ist die Angelegenheit damit erledigt. „Es gab ein Angebot, und das haben wir abgelehnt.“ Dagegen erklärte das Kommunikationsbüro, es gebe weiter Gespräche mit der IHK, man rechne bald mit einer Entscheidung. Sollte die Bahn das Gebäude nicht erwerben und abreißen können, würden die bestehenden Planungen weiterfolgt, die eine Unterfahrung vorsehen. „Das kann technisch umgesetzt werden“, so das Kommunikationsbüro. Auch Richter weist die Zweifel von S-21-Kritikern zurück, die vermuten, hinter dem Ansinnen der Bahn stünde die Angst vor einem Einsturz des Gebäudes. „Das ärgert mich“, sagte er, „das einzige, was hier rieselt, ist der Kalk des Hauptgeschäftsführers.“