Die Stadt Leinfelden-Echterdingen lehnt das von der Bahn nachgelieferte Gutachten zu Erschütterungen ab und fordert eine unabhängige Untersuchung.

Leinfelden-Echterdingen - Seit Mittwoch ist die Sonderschicht bei der öffentlichen Auslegung von Plänen zum Stuttgart-21-Planfeststellungsverfahren auf den Fildern beendet. Das Regierungspräsidium hatte die seit Anfang März laufende zusätzliche Runde angeordnet, um ein bei der Bahn angefordertes Gutachten zum Erschütterungsschutz entlang der künftig auch vom überregionalen Verkehr genutzten Bahnstrecke im Stadtgebiet von Leinfelden-Echterdingen bekannt zu machen. Dieses wird in das ansonsten bereits abgeschlossene Verfahren zur Baugenehmigung eingearbeitet. Der Vorgang wurde in Leinfelden-Echterdingen bereits als kleiner Erfolg in der Auseinandersetzung gewertet.

 

Die vorgelegte Untersuchung wird nun von der Stadt L.-E. und den von ihr eingeschalteten Fachleuten regelrecht zerpflückt. Das Gutachten sei „nicht belastbar, nicht nachvollziehbar“ und führe aufgrund falscher Annahmen zu „falschen Ergebnissen“, sagte der Verwaltungsjurist Armin Wirsing bei der Erläuterung der vorgesehenen städtischen Stellungnahme diese Woche im Technischen Ausschuss des Gemeinderats.

Nachts plötzlich 47 S-Bahn-Fahrten

Der Rechtsanwalt kritisiert den Gutachter mit scharfen Worten. Entgegen der üblichen Praxis seien keine Worst-Case-Betrachtungen vorgenommen worden, sondern „zugunsten der Bahn Best-Case-Szenarien“. So unterstelle der Gutachter für das Jahr 2025 eine nächtliche S-Bahn-Frequenz von 47 Zügen anstelle von 19 Zügen. Eine derartige Steigerung im S-Bahn-Nachtverkehr hält nicht nur Wirsing für unwahrscheinlich. Auch würden für die S-Bahnen wesentlich höhere Geschwindigkeiten unterstellt als tatsächlich gefahren werden. Das Anhalten und Anfahren an den Stationen in Oberaichen, Leinfelden und Echterdingen sei in der Untersuchung nicht berücksichtigt worden. Durch dieses „S-Bahn-Spielchen“ (Wirsing) fallen die Belastungen durch Regional- und Fernverkehrszüge weniger ins Gewicht.

Experten des von der Stadt beauftragten Büros Accon kommen zu dem Schluss, dass die ausgelegte erschütterungstechnische Untersuchung „nicht belastbar“ sei. Das Papier unterschlage, dass die durch den Ausbau neu hinzukommenden Zuggattungen und deren Fahrgeschwindigkeiten „zu deutlichen Erhöhungen“ der Werte auf bis zu 49 Dezibel führen können. Maximal zulässig sind 35 Dezibel.

Stadt fordert unabhängiges Gutachten

Wegen dieser Diskrepanzen fordert die Stadt das Regierungspräsidium (RP) auf, zur Problematik der Erschütterungsimmissionen an den Grundstücken entlang der Ausbaustrecke ein Gutachten eines unabhängigen Büros einzuholen. Die Auswahl würde das RP treffen, die Kosten müsste nach Darstellung von Wirsing die Bahn tragen. Außerdem wird die Genehmigungsbehörde aufgefordert, die Einhaltung des Maximalpegels beim sekundären Luftschall von 35 Dezibel sicherzustellen.

Der Technische Ausschuss hat die Stellungnahme der Stadt einstimmig durchgewunken. Ob das RP der Forderung der Stadt folgt, bleibt abzuwarten. Mit der öffentlichen Anhörungsrunde im Verfahren wird für den Sommer gerechnet.