Noch können die Anwohner nicht aufatmen. Das von der Bahn geplante Bodenlager in Leinfelden-Echterdingen ist noch nicht vom Tisch. Die Deutsche Bahn untersucht nun aber auch Flächen nördlich der Autobahn.
Leinfelden-Echterdingen - Nein, die Oberaichener Bürger können noch nicht aufatmen. Die Pläne der Deutschen Bahn, ein Zwischenlager für Erdaushub auf dem höchsten Punkt ihres Ortes zu errichten, sind nicht vom Tisch. Der Protest im Flecken ist aber auch nicht wirkungslos verhallt. Das wurde am Dienstag in der Gemeinderatssitzung von L.-E. deutlich.
Matthias Breidenstein, DB-Projektleiter für den S-21-Abschnitt 1.3, und Manfred Leger, Geschäftsführer der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH, standen in der Sitzung den Fraktionen zu Stuttgart 21 auf den Fildern Rede und Antwort. Die Herren informierten zum Lärmschutz und eben auch zum Bodenlager, für welches die Bahn eine Fläche in Oberaichen ausgeguckt hat.
Breidenstein sagte: „Die Pläne haben für Aufruhr gesorgt. Das nehmen wir ernst.“ Und: „Wir sind dabei, alternative Standorten zu untersuchen – auch nördlich der Autobahn.“ Wo genau diese alternativen Flächen liegen, war auch am Tag nach der Sitzung nicht zu erfahren. Die Bahn will diese erst im Herbst beim Erörterungstermin für den S-21-Filderabschnitt präsentieren. Breidenstein machte aber auch deutlich, dass die Deutsche Bahn die Felder, die oberhalb der Achalmstraße, des Bussenweges und des Viehwegs liegen, weiterhin als optimal für ein Bodenlager halte – auch wenn die Oberaichener Bürger da freilich ganz anderer Meinung sind.
Zur Erinnerung: Die Zwischenlager-Pläne hatten im Sommer vergangenen Jahres für reichlich Wirbel im Flecken gesorgt. Bürger aus Oberaichen – darunter Grundstückseigentümer, direkte Anlieger und andere Bewohner des Ortes – hatten mehr als 1000 Unterschriften dagegen gesammelt und persönlich zum Stuttgarter Regierungspräsidium getragen. Bei der Stadt waren weitere Einsprüche eingegangen.
Die Oberaichener befürchten, dass bei Regen Schlammlawinen von dem Erdlager in das Ortsinnere und in ihre Keller rollen. Sie wollen Staub und Lärm durch zig Lastwagen, die durch ihren Ort fahren, verhindern. Die Felder dienen bisher auch als ein Ort der Erholung. Eine zentrale Wasserleitung läuft durch das Gebiet.
Bahn hat Gelände ausgesucht, um Umwelt zu schonen
Die Bahn hat das 3,8 Hektar große Gelände ausgesucht, wie Breidenstein erläutert, um die Umwelt zu schonen. Man wolle vermeiden, dass die Laster, welche den Erdaushub von der Rohrer Kurve abfahren, drei bis sechs Monate lang über Waldwege rollen – um dann alternative Flächen anzufahren. Denn dann seien die Biotope neben den Wegen auch zerstört. „Das war der Haupttreiber beim Standort für das Bodenlager“, sagte Geschäftsführer Manfred Leger. Zudem sollen nicht unnötig viele Kilometer gefahren werden. Auch deshalb biete sich ein Abtransport der Erde über die Vaihinger Straße in Richtung Oberaichen an.
Auf den Oberaichener Feldern soll insbesondere wertvoller Oberboden zwischengelagert werden. Dafür werden Transporter über bis zu sechs Monate hinweg Oberaichen anfahren, um dort Erde abzuladen. Breidenstein sprach nach Rückfrage der FDP von 50 vollen und 50 leeren Fahrten pro Tag. Etwa dreieinhalb Jahre später muss diese Erde dann wieder zurück zur Rohrer Kurve gebracht werden. Ein großer Teil des Geländes werde mit einem speziellen Saatgut begrünt, also wie eine Wiese aussehen. Nur auf einem kleinen Teil werde die Erde bis zu fünf Meter hoch aufgetürmt.
Dass auch die Stadt Leinfelden-Echterdingen das Lager an dieser Stelle für völlig falsch hält, machte Oberbürgermeister Roland Klenk am Dienstag deutlich. Er sagte zu den Vertretern der Deutschen Bahn: „Ich möchte Sie ermutigen, nach Alternativflächen zu suchen. Denn da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ Auch Stadträte unterschiedlicher Couleur machten ihrem Ärger über die Pläne Luft. Judith Skudelny (FDP) sagte: „Für die Oberaichener ist das eine Operation am offenen Herzen.“ Claudia Moosmann (Freunde der Filderpiraten) sprach von einer „Zumutung für die Oberaichener.“ SPD-Fraktionschef Erich Klauser sagte: „So haben wir uns das nicht vorgestellt.“ Walter Vohl, Stadtrat der Freien Wähler und Bauer von Beruf, erklärte, dass bis die Fläche von den Landwirten wieder uneingeschränkt zu verwenden ist, fünf bis zehn Jahre ins Land gehen. „Da können sie auch Reben anpflanzen. Dann kann man am Schluss vielleicht Wein keltern.“
Auf haargenaue Abstimmung angewiesen
Manfred Leger nutzte an diesem Abend die Gelegenheit, erneut Position zu beziehen bezüglich der Überlegungen, die Ende vergangenen Jahres in der Presse zu lesen waren. Demnach hatte die Bahnprojektgesellschaft Stuttgart-Ulm mit dem Gedanken gespielt, die Pläne für den ICE-Halt am Flughafen neu aufzurollen und einen Halt nördlich der Autobahn auf Höhe des Messeparkhauses zu bauen. „Verträge werden eingehalten“, sagte Leger am Dienstag. Und: „Änderungen erfolgen nur im Einvernehmen mit den Projektpartner.“ Auf Rückfrage der CDU-Fraktion machte er deutlich: „Und es gibt auch keine Änderungen.“ Will heißen, die beiden Stationen im Flughafenbereich sollen so gebaut werden, wie bislang geplant. Das dritte Gleis als Anbindung der Gäubahn sei dabei ein Schwerpunkt.
Hierbei sei man aber auf eine „haargenaue Abstimmung“ mit dem Airport angewiesen, denn sonst kollabiere der Flughafen und „wir brauchen dreimal so lange“. Der Schlüssel dabei werde sein, dass bis dahin die Stadtbahn U 6 zum Flughafen und zur Messe fährt, sagte Leger. Denn – und das bestätigte später auch Walter Schoefer, einer der beiden Flughafen-Geschäftsführer – der Airport dürfe während der Bauzeit nicht vom ÖPNV abgehängt werden. Die Herren der Bahn gehen davon aus, dass die U-6-Verlängerung Ende 2021 fertig ist.