Wegen einer Aktion bei der Räumung des Schlossgartens muss ein Parkschützer Strafe zahlen. Er hatte sich in einem einbetonierten Rohr angekettet.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Zwei Parkschützer haben die eisige Protestnacht in höchst unbequemer Haltung verbracht. Auf dem Zeltboden liegend hatten sie sich in einer einbetonierten Röhre an einem Stahlstab festgekettet. Mit dieser Aktion demonstrierten sie in der Nacht zum 15. Februar gegen die Räumung des Schlossgartens durch die Polizei. Der Park wurde in jener Nacht abgesperrt, damit die Bahn mit Bauarbeiten für den Tiefbahnhof des umstrittenen Projekts Stuttgart 21 beginnen konnte. Wegen dieser Protestaktion, welche die Richterin Kathrin von Mengden-Breucker „durchaus kreativ“ nannte, muss der 30-jährige Demonstrant nun eine Geldstrafe in Höhe von 2800 Euro zahlen, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

 

Polizist bezeichnet den Demonstrant als „kooperativ“

Die entscheidende Frage in dem Verfahren war, ob das Einbetonieren und Festketten der beiden Parkschützer als Gewalt gewertet werden kann. Ja, meinte der Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler, der die Anklage am Amtsgericht vertrat. Denn „zwischen Gewalttätigkeit und Friedfertigkeit gibt es viele Grautöne und Abstufungen“, argumentierte er. Die Gewalt im vorliegenden Falle sei kein gewalttätiges Vorgehen gegen die Polizeibeamten gewesen, das hatten die Einsatzkräfte im Zeugenstand bestätigt. „Kooperativ und friedlich“ seien die Demonstranten gewesen, als sie mit Presslufthammer und Trennschleifer befreit wurden, was mehr als zwei Stunden dauerte. Die Gewalt sei vielmehr die „physisch wirksame Zwangsmaßnahme im Bezug auf eine rechtmäßig durchgeführte Amtshandlung“, meinte Häußler, also das Hindernis, das die beiden mit dem Beton und den Ketten und ihren Armen darin den Beamten in den Weg gestellt hätten, die den Park räumen sollten.

Anwalt kritisiert die Staatsanwaltschaft

Der Verteidiger widersprach dieser Darstellung. Er erkannte in der Aktion keine Gewalt, sondern nur friedfertigen Protest. „Nicht einmal bei Demos gegen Castor-Transporte ist das Anketten so bewertet worden“, argumentierte der Rechtsanwalt Andreas Kurth. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft habe „plötzlich eine sehr umstrittene BGH-Entscheidung zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte entdeckt und weiterentwickelt“, um mit der seiner Ansicht viel zu weit gefassten Definition von Gewalt Projektgegner wie seinen Mandanten zu kriminalisieren. Er forderte einen Freispruch für den Parkschützer.

Die Richterin sagte bei der Urteilsverkündung zwar, dass man über den Gewaltbegriff streiten könne, sie sei trotzdem zu der Auffassung gekommen, die auch der Staatsanwalt vertrat. Sie setzte aber ein geringeres Strafmaß an und verurteilte den 30-Jährigen zu 70 statt der vom Staatsanwalt geforderten 100 Tagessätze à 40 Euro.