Die Deutsche Bahn lehnte am Sonntag einen Stresstest für den bestehenden Kopfbahnhof strikt ab.

Stuttgart - Der Zoff um Stuttgart 21 nimmt kein Ende: Die Bahn als Bauherr des umstrittenen Milliardenprojekts lehnte am Sonntag einen Vorschlag von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) für einen Stresstest II strikt ab. Ein Bahnsprecher reagierte mit „völligem Unverständnis“ auf den von Hermann angeregten Leistungstest für den bestehenden Kopfbahnhof.

 

„Im letzten Lenkungskreis wurde verbindlich verabredet, die Ergebnisse des Stresstests zum geplanten Tiefbahnhof am 14. Juli vorzustellen“, sagte der Bahnsprecher in Berlin. Dies entspreche auch den Vereinbarungen der Schlichtung unter Heiner Geißler. „Es gibt über einen zweiten Stresstest auch keine Verhandlungen.“ Die Bahn will die Bauarbeiten am Montag fortsetzen - geplant ist der Aufbau von Rohrleitungen zum Grundwassermanagement. Proteste der Gegner werden erwartet.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) will am Dienstag beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim ein Eilantrag auf einstweilige Anordnung gegen den Weiterbau stellen. BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender bestätigte am Samstag einen Bericht der „Stuttgarter Zeitung“. Der BUND will damit ein neues Planfeststellungsverfahren erreichen, da die Bahn eine größere Wasserentnahme an der Baustelle plant. Nach Angaben der Bahn ist lediglich ein beantragtes wasserrechtliches Änderungsverfahren nötig.

„Für den bestehenden Kopfbahnhof ist ebenfalls ein Leistungstest erforderlich, um realistische Vergleichswerte zum geplanten Tiefbahnhof zu bekommen“, sagte Hermann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Die Bahn hatte sich bereits in der Schlichtung unter Heiner Geißler verpflichtet, mit einem Stresstest nachzuweisen, dass in dem geplanten unterirdischen Tiefbahnhof in Spitzenzeiten mit guter Betriebsqualität 30 Prozent mehr Züge als im denkmalgeschützten Kopfbahnhof (Baujahr 1922) verkehren können.

Seite 2: Was kann der Kopfbahnhof?

Jedoch ging man damals laut Hermann von einer geringeren Kapazität des Kopfbahnhofs aus als dies möglicherweise tatsächlich der Fall sei. „Es muss geklärt werden, was der Kopfbahnhof tatsächlich kann. Denn seriöse Verkehrsexperten haben uns darauf hingewiesen, dass ihren Berechnungen zufolge im Kopfbahnhof zu Spitzenzeiten deutlich mehr Züge fahren können, als die 37 Züge, die gegenwärtig als Vergleichswert im Stresstest für den geplanten Tiefbahnhof zugrunde gelegt werden.“ Es könnten bis zu 44 Züge sein.

Der Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, Thomas Strobl, sagte: „Ganz offensichtlich versteht sich Herr Hermann überhaupt nicht als Verkehrsminister, sondern bloß als „Minister zur Verhinderung von Stuttgart 21“.“

Am 14. Juli werden die Ergebnisse der Betriebssimulation für den geplanten neuen Bahnhof vorgestellt. Moderator der im TV-Sender Phoenix live übertragenen Veranstaltung aus dem Stuttgarter Rathaus ist Schlichter Geißler. Er werde sich bis dahin Klarheit darüber verschaffen, dass über das Verfahren und die Voraussetzungen zwischen den Streitparteien Einigkeit bestehe, sagte Geißler der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). Denn ohne diesen Konsens werde das Ergebnis des Tests nicht anerkannt werden.

Wenn der Test negativ ausfalle, müssten die Projektträger entscheiden, ob man Milliarden dafür ausgeben wolle, „im Endeffekt keine Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu erhalten“, sagte Geißler der Zeitung. Einen Weiterbau um jeden Preis „wird es nicht geben können“.

Die Bahn ist überzeugt, dass die neue achtgleisige Durchgangsstation wesentlich effektiver ist als der jetzige Hauptbahnhof mit seinen 16 Gleisen.

Im Südwestrundfunk (SWR2) verwies Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Samstag darauf, dass die Ergebnisse des Stresstests noch nicht vorlägen und ein Weiterbau deswegen „unvernünftig“ sei. Dieser Test solle schließlich ermitteln, „ob dieser Bahnhof überhaupt funktioniert. Und dass man bis dahin nicht weitermacht, ergibt sich aus der Logik dieses Vorgangs. Insofern verhält sich die Bahn da nicht vernünftig und nicht wirklich dem entsprechend, worauf sie sich eingelassen hat. Die Schlichtung ist erst zu Ende, wenn der Stresstest gemacht und bewertet wurde.“