Was tun, wenn Stuttgart 21 nicht gebaut würde? Stuttgarter Stadtteilinitiativen haben Oberbürgermeister Fritz Kuhn Ideen für einen alternativen Einsatz der städtischen Mittel für das Bahnprojekt präsentiert. 750 Millionen Euro könnten im Stadtsäckel landen, sagen sie.

Stuttgart - Ab sofort könnten Schülergruppen mit Begleitpersonen kostenfrei Busse und Bahnen in Stuttgart nutzen, Familien mit Kindern kämen von den Sommerferien an dann in diesen Genuss. Und von Beginn des Jahres 2014 an sollten alle Fahrten in der Innenstadtzone kostenfrei sein. Das zumindest ist die Vorstellung der Stadtteilinitiativen, die dem OB Fritz Kuhn (Grüne) ihre Forderungen überbrachten, was er mit den bisher für S 21 vorgesehenen Mitteln Besseres finanzieren könnte.

 

Vertreter von rund zwanzig dieser Gruppen haben Kuhn am Montag im Rathaus an dessen Wahlkampfslogan „23 Stadtbezirke – ich vergesse keinen“ erinnert. Schon vor dem Termin hatten sich die Vertreter der Initiativen mit riesigen Bannern vor dem Rathaus aufgestellt, auf denen zahlreiche Forderungen zu lesen waren. Dabei wurde deutlich, dass viele der Gruppen ihren Ursprung in der Bewegung gegen Stuttgart 21 haben. Einige plädierten aber auch „für eine Stadt ohne Armut“ oder für einen Regionalhalt in Vaihingen.

Zwanzig Ordner mit Vorschlägen

Mitgebracht hatten sie zudem rund zwanzig Aktenordner mit Vorschlägen. „Wir hoffen auf eine wohlwollende Prüfung“, sagte der Vertreter der Feuerbacher K-21-Initiative Heinz Wienand zur Begrüßung. Viele der Forderungen trügen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der Stadt bei. „Ihren Slogan haben wir als Signal verstanden, dass Sie unsere Interessen vertreten“, sagte Cornelia Geeve von der Gruppe Vaihinger für den Kopfbahnhof.

Rund 750 Millionen Euro hätte die Stadt durch die Rückabwicklung der Grundstücksgeschäfte mit der Bahn zusätzlich zum normalen Haushalt zur Verfügung. „Wir wissen: Stuttgart hat eigentlich genug Geld, um alle drängenden Probleme zu lösen.“ Zu diesen gehörten Schulsanierungen, zu wenig bezahlbarer Wohnraum oder das Ladensterben in einigen Stadtteilen, aber auch die zu hohe Feinstaubkonzentration und die Verkehrsstaus.

Kuhn will keinen kostenlosen Nahverkehr

Lauten Beifall gab es für die vorgetragene Forderung nach einem verbesserten Angebot des öffentlichen Nahverkehrs. Und damit bezogen sich die Initiativen nicht nur auf die Forderung nach einer kostenfreien Nutzung, für die sie ähnliche Beispiele aus dem Ausland anführten. Auch einen Ausbau des Netzes von Stadtbahnen und Bussen sowie einen dichteren Takt wünschen sie.

Doch genau jene Hauptforderung stieß beim OB auf Ablehnung. Denn in Stuttgart müsse man im Moment sehr viel investieren, um die Menschen überhaupt erst einmal zu einem Umstieg vom Auto auf andere Verkehrsmittel zu bewegen, sagte er und nannte Radwege als Beispiel. „Aber Wünsche kann man sowieso nicht widerlegen, denn sie haben einen eigenen Status.“ Auch stünden die 750 Millionen nur einmalig zur Verfügung. „Den Satz ,es ist genug da‘ kann ich nicht teilen“, erwiderte der OB.

Einiges wird sich im Bürgerhaushalt wiederfinden

Kuhn versprach, sich die Ordner und vor allem die mehrfach enthaltenen Forderungen genau anzuschauen. „Denn ich will wissen, was wird vor Ort gedacht und diskutiert.“ Die Verwaltung könne aber nicht alles eins zu eins umsetzen. Geeve hatte in ihrer Rede zuvor gefordert, dass die Bezirksbeiräte mehr Einfluss erhalten.

Kuhn lobte den Einsatz der Gruppen. „Demokratie braucht auch zwischen den Wahlen Antworten“, sagte er und versprach, dass die Bürger mehr eingebunden werden sollen. Das wollen sich die Stadtteilinitiativen auch nicht nehmen lassen. Einige Punkte werden sich sicher im Bürgerhaushalt wiederfinden, sagte Geeve. Und die Vertreter kündigten an, künftig jeden Februar wiederzukommen und dem OB zu sagen, wo sich noch was tun müsse.