Grün-Rot will eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 herbeiführen. Der Weg zu diesem Ziel ist verschlungen. Am Freitag wird es ernst.
Stuttgart - Jetzt wird es ernst mit der Volksabstimmung über Stuttgart 21. Am Freitagvormittag bringt die Landesregierung den Gesetzentwurf für ein Kündigungsgesetz in den Landtag ein. Darin heißt es kurz und bündig: „Die Landesregierung ist verpflichtet, Kündigungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württemberg für das Bahnprojekt Stuttgart 21 auszuüben.“ Es ist schon von vornherein klar, dass dieser Gesetzentwurf im Landesparlament keine Mehrheit finden wird. Die Oppositionsfraktionen CDU und FDP sind dagegen, und auch die Regierungsfraktion SPD macht nicht mit, wobei sich Fraktionschef Claus Schmiedel noch nicht festlegen wollte, wie geschlossen er die eigenen Reihen halten kann. Justizminister Rainer Stickelberger hatte im Kabinett als einziger Sozialdemokrat für eine Kündigung der Finanzvereinbarung votiert. Die Abstimmung im Parlament ist aber ohnehin morgen noch gar nicht möglich, denn zunächst erfolgt noch die parlamentarische Beratung in den Ausschüssen.
Die Einbringung Gesetzentwurfs in den Landtag macht trotz der erwartbaren Ablehnung Sinn. Das Scheitern hat Methode. Denn es ist der erste Schritt zur Volksabstimmung. Nach der Ablehnung im Parlament kann die Landesregierung den Entwurf auf Antrag eines Drittels der Abgeordneten zur Volksabstimmung bringen. Diese ist für Ende November vorgesehen. Freilich werden auch dann die Bürger nicht gefragt werden, ob sie für oder gegen Stuttgart 21 sind. Das ist rechtlich nicht möglich, weil der Bau von Schienenwegen inklusive der Bahnhöfe die Sache des Bundes ist. Deshalb kann im Land nur über den Finanzanteil des Landes abgestimmt werden. Dieser beträgt, wird die Kostenobergrenzen von 4,5 Milliarden Euro erreicht, immerhin 930 Millionen Euro. Es spricht wenig dafür, dass die Bahn den Tiefbahnhof baut, sollte dieser Betrag wegbrechen.
Seit Donnerstag ist auch klar, dass CDU und FDP auf eine Klage vor dem Staatsgerichtshof verzichten. Das hatten sie lange überlegt, am Ende scheuten sie aber den Vorwurf, sie wollten dem Bürgervotum ausweichen. Für die Gegner des Projekts stellt die Volksabstimmung eine hohe Hürde dar. Laut Verfassung reicht ihnen die Mehrheit bei der Abstimmung nicht, um das Projekt zu kippen. Zugleich müssen sie ein Drittel aller Wahlberechtigten auf ihre Seite ziehen. Das sind 2,5 Millionen Nein-Stimmen. Die CDU hatte sich im Vorfeld dem Ansinnen, dieses Drittelquorum zu senken, verweigert. Grüne und SPD erhoffen sich eine befriedende Wirkung von der Volksabstimmung. Vor allem aber wollen sie das strittige Thema, das die Stimmung in der Koalition schleichend vergiftet, endlich von der Backe haben.