Die Linke sieht Klärungsbedarf bei Stuttgart 21 und hat einen Untersuchungsausschuss gefordert. Weil die Grünen im Bundestag dies ablehnen, ist es allerdings unwahrscheinlich, dass ein solcher Ausschuss zustande kommt.

Stuttgart - Es sind 85 Fragen, die die Linken-Fraktion im Rahmen von zwei kleinen Anfragen zu den Kosten von Stuttgart 21 und zur Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs stellte – und 63 davon seien nicht oder nur unzureichend von der Bundesregierung beantwortet worden, kritisierte Sabine Leidig, die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion. Zusammen mit dem Parteichef Bernd Riexinger forderte sie deshalb am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Stuttgart einen Untersuchungsaussschuss des Bundestags zu diesen Themen. Untersucht werden müsse auch, ob und wie die Bundesregierung Einfluss genommen habe auf Entscheidungen des Bahn-Aufsichtsrats, der die Kostenexplosion von 4,5 auf 6,5 Milliarden Euro absegnete, und des Eisenbahnbundesamts, das für die Genehmigung des Projekts verantwortlich ist – und damit auch dafür, dass die Kapazität des Bahnknotens Stuttgart verringert werde, weil nach Ansicht der Linken im neuen Tiefbahn weniger Züge verkehren können als im Kopfbahnhof.

 

„Ein Ausschuss ist Garant dafür, dass sich die Bundesregierung nicht einfach aus der Verantwortung ziehen kann“, sagte Riexinger, der aber auch rechtliche Konsequenzen forderte. „Hier werden öffentliche Gelder veruntreut und Bahnkapazitäten eingeschränkt. Das ist ein Fall für den Staatsanwalt“, sagte der am Wochenende wiedergewählte und aus Stuttgart stammende Bundesvorsitzende.

OB Kuhn will keinen Kommentar abgeben

Dass es zu einem Untersuchungsausschuss kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag können die Linken nur mit Unterstützung der ebenfalls S-21-kritischen Grünen ein solches Gremium durchsetzen. Die Grünen aber lehnen dies ab. „Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist für diese strukturelle Aufgabe nicht geeignet – er ist lediglich ein Ausdruck für den ineffektiven Aktionismus der Linkspartei zehn Tage vor den Europawahlen“, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen, der Filderstädter Matthias Gastel. Er fordert aber im Verkehrsaussschuss einen Unterausschuss zu schaffen, der sich mit Kostenexplosionen und Planungsfehlern bei Großprojekten wie S 21 und dem Berliner Flughafen beschäftigt. „Die Vorgänge um S 21 sind skandalös und müssen in den Ausschüssen weiter aufgearbeitet werden“, sagte Gastel. Der Stuttgarter OB Fritz Kuhn (Grüne), bis zu seinem Amtsantritt im Januar 2013 Mitglied der Bundestagsfraktion, hatte zuvor gesagt: „Das wird in Berlin entschieden. Das kann der Oberbürgermeister von Stuttgart nicht kommentieren.“ Der CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte vor der Erklärung Gastels gegenüber der Nachrichtenagentur dpa gesagt: „Wir werden sehen, ob sich die Grünen im Bund mit der Krawall-Opposition der Linken gemeinmachen, oder ob sie die Entscheidung der Bevölkerung für Stuttgart 21 akzeptieren.“ Die Forderung der Linken sei der „durchschaubare Versuch, S 21 zu diskreditieren und zu skandalisieren“.