Stadtbahnfahrgäste bekommen die Auswirkungen von Stuttgart 21 zu spüren. Von Mai 2016 an ist die Strecke zwischen Staatsgalerie und Charlottenplatz für 15 Monate gesperrt. Die SSB richten Umleitungen und zusätzliche Pendellinien ein.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - „Netz 2016“ nennen die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) das Konzept, mit dem sie auf die durch Stuttgart 21 verursachte Unterbrechung der Strecke zwischen Staatsgalerie und Charlottenplatz reagiert. Vom 17. Mai 2016 bis 19. August 2017 fahren auf diesem Abschnitt die dort sonst verkehrenden Stadtbahnlinien U 1, U 2 und U 4 nicht. Das Nahverkehrsunternehmen plant Umleitungen und zusätzliche Pendellinien.

 

SSB-Chef spricht von Riesenherausforderung

„Das ist für uns eine Riesenherausforderung“, sagte SSB-Chef Wolfgang Arnold, der die Pläne im Rathaus vorstellte. Von den Änderungen seien zehn Prozent aller Stadtbahnpassagiere betroffen. In absoluten Zahlen: Für gut 38 000 SSB-Fahrgäste ändert sich bei ihrem täglichen Weg etwas. An der Station Hauptbahnhof erwartet Arnold eine Zunahme der täglichen Umsteiger von rund 75 000 auf mehr als 106 000. Um die Ströme bewältigen zu können, wird der dortige Mittelbahnsteig entrümpelt.

Im Dezember will Arnold den Aufsichtsrat der SSB über eine Informationskampagne unterrichten, mit der die Fahrgäste auf die Veränderungen eingestellt werden. Unter anderem sollen auf den Haltestellen SSB-Mitarbeiter „zur Fahrgastlenkung“ eingesetzt werden.

Umleitungen und kurze Pendellinien

Keine Auswirkungen hat der Neubau der Haltestelle, der Platz für Stuttgart-21-Tunnel schafft, in dieser ersten Phase auf die Linien U 9 und U 14, die planmäßig auch an der Staatsgalerie halten. Die U 1 zwischen Fellbach und Vaihingen fährt während der Umbauphase einen Umweg über den Hauptbahnhof und den Berliner Platz. Die Züge sind vier Minuten länger unterwegs als auf der direkten Route via Charlottenplatz. Fahrgäste aus dem Stuttgarter Süden, die aber zu diesem zentralen Knotenpunkt wollen, müssen auf die Linie U 21 umsteigen, die zwischen Südheimer Platz und Charlottenplatz pendelt.

Die U 2 zwischen Neugereut und Botnang fährt ebenfalls über Hauptbahnhof und nicht via Rotebühlplatz. Hier gewinnen die Fahrgäste eine Minute. Die U 4 endet von Untertürkheim kommend bereits am   Neckartor. Die eigentliche U-4-Endhaltestelle Hölderlinplatz wird von der neuen Linie U 24 erschlossen, die von dort zum Charlottenplatz und zurück fährt. Auch auf die U 11, die bei Großveranstaltungen im Neckarpark verkehrt, hat die Sperrung Auswirkungen. Sie fährt vom Charlottenplatz via Rotebühlplatz und Bahnhof zum Veranstaltungsgelände.

Lob von vielen Stadträten

Das Konzept zeige, wie leistungsfähig die SSB seien, befand CDU-Stadtrat Philipp Hill. Die Unkenrufe von S-21-Gegnern, der Eingriff führe zu einem Zusammenbruch des Nahverkehrs, hätten sich nicht bewahrheitet. Das habe nie jemand behauptet, konterte Gangolf Stocker (SÖS-Linke-Plus), der sich offensichtlich angesprochen fühlte. Das Urgestein der S-21-Kritiker erkannte in dem Konzept einen Beitrag „zur Förderung der Volksgesundheit“, da vielen Fahrgästen zusätzliche Fußwege zugemutet würden. Gabriele Munk (Grüne) nahm den Ball auf und forderte, die Fußwegverbindung zwischen Staatsgalerie und Charlottenplatz zu verbessern, etwa durch eine Bevorrechtigung der Passanten an Ampeln. Martin Körner (SPD) unterstrich die sich bietende Chance, dass die Staatsgalerie nicht länger als „die hässlichste Stadtbahnhaltestelle Stuttgarts“ ihr Dasein fristen muss und mahnte eine Einbindung in die von der Stadt geplanten Neugestaltung der Willy-Brandt-Straße an.

Für die Fahrgäste ändert sich am 17. Mai nicht nur die Stadtbahnführung. Zeitgleich geht auch der neue U-12-Ast nach Dürrlewang in Betrieb. Außerdem wollen die SSB den Fahrplanwechsel statt im Dezember erst im Mai vollziehen. Der Betriebsrat hat dazu eine Einigungsstelle angerufen. „Ein Fahrplan, über dem 2014/2015 steht, kann nicht so einfach bis 2016 weitergelten“, sagt Betriebsratsvorsitzender Klaus Felsmann.

Das „Netz 2016“ geht am 19. August 2017 ins „Netz 2017“ über, wenn die Verbindung Staatsgalerie-Hauptbahnhof gekappt wird. Wie lange dieser neuerliche, noch nicht konkretisierte Interimszustand anhält, vermochte Arnold nicht zu sagen. Man arbeite an der Optimierung der Baupläne.