Ein Bahnhof am Flughafen nördlich der Autobahn könnte ein Halt für alle Züge am Airport werden. Statt zwei Stationen gäbe es nur eine. Fluggäste kämen auf Personenbändern zu den Terminals.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Wird Stuttgart 21 im Bereich des Flughafens nochmals überarbeitet? Nach Recherchen dieser Zeitung denkt man bei der Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU), die die Neuordnung des Bahnknotens sowie die Neubaustrecke nach Ulm verantwortet, über Alternativen nach. Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla hatte nach der jüngsten Lenkungskreissitzung aber klargestellt, dass etwaige Umplanungen nur im Konsens aller Projektpartner von Bahn, Land, Stadt und Region behandelt werden können. Ein Bahn-Sprecher aus Berlin betont am Mittwoch: „Die Überlegungen der PSU sind nicht vom Vorstand autorisiert.“

 

Von den Planern wird derzeit eine Option durchgespielt, bei der ein Bahnhof nördlich der Autobahn im Bereich des Messeparkhauses entstehen könnte. Juristische Unwägbarkeiten sowie ein langwieriges Genehmigungsverfahren für die bisherigen Pläne und nicht zuletzt die Suche nach Potenzialen, Zeit und Kosten zu sparen, dürften zu dieser Entwicklung beigetragen haben.

Kritiker monieren hohen Flächenverbrauch auf den Fildern

Stuttgart 21 hängt rund um den Flughafen in der Luft. Die im Grundsatz genehmigten Pläne für die Schnellfahrstrecke entlang der Autobahn sowie den Fern- und Regionalbahnhalt unter der Messepiazza werden vor Gericht bekämpft. Im Bahn-Jargon ist das der Planfeststellungsabschnitt 1.3 a. Für den zweiten Teil des Flughafenabschnitts (1.3 b), die Anbindung der Gäubahn an den Manfred-Rommel-Airport nebst drittem Gleis in der bisher zweigleisigen S-Bahn-Station im Untergeschoss der Terminalgebäude ist das Genehmigungsverfahren erst angelaufen. Kritik gibt es aber schon heute: Gingen die Pläne so durch, würde sich der Bereich vor den Abfertigungshallen für Jahre in ein nur schwer zu passierendes Baufeld verwandeln. Landwirte und die Schutzgemeinschaft Filder monieren, das Vorhaben greife abermals in das fruchtbare Ackerland der Filder ein. Bedenken gibt es auch, weil der Fern- und Regionalbahnhof gut 26 Meter unter der Geländeoberfläche liege. Bei der gemeinsamen Nutzung der bisherigen S-Bahn-Strecke durch Züge der Gäubahn erwarten Kritiker Nachteile für den S-Bahn-Verkehr.

Die nun in den Fokus rückende Alternativplanung geht von einem Bahnhof nördlich der Autobahn aus. Dort nicht haltenden Zügen stünden zwei durchgehende Gleise zur Verfügung, die mit unverminderter Geschwindigkeit befahren werden können. Züge, die einen Stopp einlegen, werden auf zwei Bahnsteiggleise geleitet. Aus dem Südwesten des Landes kommende Gäubahnzüge würden die bestehende S-Bahn-Strecke am Ostrand von Echterdingen verlassen und in einen Tunnel abtauchen. Dieser führt in einer weiten Schleife unter dem Flughafenvorfeld sowie der Autobahn hindurch und endet schließlich kurz vor dem autobahnnahen Halt, der intern auch Bosch-Bahnhof genannt wird. Der Automobilzulieferer hält die Namensrechte an den Messeparkhäusern, die in Sichtweite des potenziellen Bahnhofstandorts liegen. Abweichend vom bisherigen Konzept würden also sämtliche Fern- und Regionalzüge am Flughafen an ein und demselben Bahnhof anhalten – gleich ob sie Richtung Ulm, Tübingen oder Bodensee und Schweiz unterwegs sind. Der bestehende S-Bahn-Halt am Flughafen bliebe unverändert. Welche Genehmigungsverfahren dafür notwendig wären, ist offen.

Umsteigezeiten nahezu gleich

Wie ernsthaft die PSU diese Variante prüft, zeigt eine von der Bahn-Gesellschaft für den internen Gebrauch gefertigte Präsentation. Sie enthält auch Untersuchungen, wie sich der Transfer von den nun weiter entfernt liegenden Bahnsteigkanten zu den Abfertigungsschaltern in den Terminals für die Umsteiger gestalten ließe. Tatsächlich wäre der Zeitaufwand bei der Nutzung von Rollbändern vom neuen Bahnhof via Messepiazza nahezu identisch mit dem bisher Geplanten.

Gänzlich neuartig ist die Idee freilich nicht. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hatte immer wieder auf eine solche Lösung gedrungen. Offen über diese Ideen und den Stand der Überlegungen mag so recht niemand sprechen. „Wir wollen, dass der Flughafen schnellstmöglich an das Fernbahnnetz angeschlossen wird, deshalb würden wir alle Vorschläge ablehnen, die weitere Verzögerungen und damit verbundene Mehrkosten bedeuten könnten“, heißt es dazu bei der Flughafengesellschaft. Ähnlich schmallippig fällt die Antwort eines Bahn-Projektsprechers aus: „Die Bahn wird nichts unternehmen, was den Planfeststellungsbeschluss 1.3 a und das laufende Planfeststellungsverfahren 1.3 b gefährdet“.