Vor der Sitzung der S-21-Projektpartner am Freitag deutet Regionalpräsident Thomas Bopp erstmals an, dass die Anbindung des Airports an den Tiefbahnhof zur Not später fertig werden dürfe als der Rest von Stuttgart 21. Und das Land hat einen kreativen Vorschlag zu einer Co-Finanzierung außerhalb des Kostendeckels.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es ist offenbar mächtig Bewegung in den Sitzungen der Stuttgart-21-Fachleute, die die großen Vier auf deren Sitzung am Freitag in Berlin vorbereiten. Um 13.30 Uhr empfängt Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer die S-21-Projektpartner Winfried Hermann (Land), Fritz Kuhn (Stadt Stuttgart) und Thomas Bopp (Verband Region Stuttgart). Gemeinsam soll das Quartett eine Lösung zur Anbindung des Flughafens an den Tiefbahnhof im Kessel und die Neubaustrecke in Richtung Ulm finden, die technisch machbar, verkehrlich vernünftig und im Rahmen des Kostendeckels finanzierbar ist.

 

Die folgende Grafik illustriert die diskutierten Trassen, oben ist die Variante mit einem dritten Gleis abgebildet. Mit einem Klick kommen Sie auf eine größere Ansicht:


„Man muss alles im Paket diskutieren“, sagt Regionalpräsident Bopp (CDU) – und deutet an, dass er gegebenenfalls eine bisher festgemauerte Position der Region räumen würde. „Falls wir eine bessere Lösung zur Anbindung des Flughafens nicht hinkriegen, ohne diesen Planungsabschnitt vom Gesamtprojekt zu trennen, dann müsse wir diese Kröte unter Umständen schlucken“, sagt Bopp auf StZ-Anfrage. Damit wäre – nach der Bahn, die das zumindest inoffiziell tut – der zweite Projektpartner bereit, eine spätere Inbetriebnahme des Flughafenbahnhofs in Kauf zu nehmen, wenn damit gewährleistet wäre, dass der Zeitverzug eine bessere Lösung mit sich brächte als die von der Bahn eingereichte Antragstrasse. Bislang will die S-21-Bauherrin das komplette Ensemble Tiefbahnhof-Flughafenbahnhof-Neubaustrecke 2021 eröffnen.

Verkehrsministerium will keine Aufteilung des Projekts

Im Verkehrsministerium will man von einer Stückelung des Projekts in seine Einzelteile, zumindest offiziell, noch nichts wissen. „Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, dass alle Teile des Projekts gleichzeitig in Betrieb gehen sollen“, sagt ein Sprecher von Minister Hermann. Hinter verschlossener Tür aber prüfen die Fachleute der einst so konträren Projektpartner fieberhaft, was machbar ist. Am wahrscheinlichsten erscheint im Moment, dass der bestehende S-Bahn-Halt um ein drittes Gleis erweitert wird, auf dem die Züge der Gäubahn abgefertigt werden können. Diese Lösung böte zumindest am Flughafenbahnhof eine Entflechtung von S-Bahn- und Regional- beziehungsweise Fernverkehr. Zudem bliebe die Option, später eine Anbindung der S-Bahn-Trasse an die Neubaustrecke Richtung Ulm zu bauen. Nur dann könnte eines Tages die S-Bahn vom Flughafen gen Neckartal erweitert werden – eine Möglichkeit, die vor allem Bopp nicht verbaut haben will.

Die Variante mit dem dritten Gleis könnte tatsächlich die Kompromisslinie zwischen den Maximalforderungen Antragstrasse (Bahn) und Filderbahnhof Plus (Region) sein. Doch neben technischen und genehmigungsrechtlichen Fragen – unter anderem muss auf Plieninger Gemarkung der unter Naturschutz stehende Langwieser See umfahren werden – wird voraussichtlich auch diese Lösung nicht ohne Mehrkosten zu haben sein. Während der Filderbahnhof Plus mit mindestens 224 zusätzlichen Millionen Euro kalkuliert wird, sprechen die Fachleute von Bahn, Land, Region und Stadt beim dritten Gleis mittlerweile von Mehrkosten von rund 120 Millionen Euro – ohne die optionale Anbindung in Richtung Ulm, die beim Filderbahnhof Plus bereits enthalten wäre.

Neuer Vorschlag zur Verteilung der Kosten

Die Verteilung dieser Kosten ist, politisch gesehen, das größte Problem in den laufenden Verhandlungen. Obwohl inzwischen sogar gutachterlich attestiert ist, dass die Antragstrasse erhebliche Mängel aufweist und möglicherweise nicht genehmigungsfähig ist, weigert sich die Bahn, eine verbesserte Variante am Flughafen alleine zu bezahlen. Das Land wiederum beharrt darauf, keinen Cent mehr für Stuttgart 21 aufzubringen als die vertraglich vereinbarten 930 Millionen Euro.

Trotz der festgemauerten Positionen deutet sich in Koalitionskreisen auch beim schwierigsten Punkt ein Vorschlag ab: Wenn die Bahn bereit wäre, die Mehrkosten für einen leistungsfähigen Flughafenbahnhof zu übernehmen, könnte das Land diese Infrastruktur nutzen, um auf der Gäubahn den von Grün-Rot ohnehin anvisierten Halbstundentakt hinzubekommen. Dies hätte zur Folge, dass das Land mehr Züge bei der Bahn bestellen würde, was dem Staatskonzern hochgerechnet auf 20 Jahre 60 Millionen Euro bescheren würde. Das wäre – außerhalb des Kostendeckels – etwa der Betrag, den sich die Bahn vom Land für den Flughafenbahnhof wünscht.

Ob sich die Bahn auf diesen Vorschlag einlässt, ist offen – und eine Verlängerung der Sitzung in die Nacht hinein nicht vorgesehen. Fritz Kuhn will zum Abstiegsduell des VfB gegen Hertha BSC in der Mercedes-Benz-Arena sein. Anpfiff 20.30 Uhr.