Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)


Mit Rot-Weiß Oberhausen (RWO) gab es 2007 schlagzeilenträchtigen Ärger, weil Ventric die Millionen nicht vertragsgemäß verwendet sah. Der Streit ging sogar vor Gericht, aber dann einigte man sich doch noch. Dietrich bekam nach einigen Wirren einen Sitz im Aufsichtsrat, den er bis heute innehat. Weil die Oberhausener zeitweise nur im Amateurbereich spielten, verlängerte sich der Vertrag um einige Jahre. Auch Eintracht Frankfurt ist noch bis mindestens 2012 über den ISPR-Vertrag an Ventric gebunden; Jahr für Jahr muss der Verein angeblich um zwei Millionen Euro abgeben. Offiziell verweist ein Eintracht-Sprecher auf das vereinbarte Stillschweigen, in Fankreisen ist hingegen von einer teuren Altlast die Rede. Erst wenn die getilgt sei, bekomme man finanziell wieder Luft. Stuttgart und Mainz sind schon so weit: beim VfB - wo Dietrich Mitglied ist und regelmäßig auf der Tribüne sitzt - lief der Vertrag bereits 2007 aus, beim FSV erst kürzlich. Die sportlich damals sehr erfolgreichen Stuttgarter, hört man, habe Ventric generös vorzeitig aus der Pflicht entlassen.

Ebenso wenig wie über die Geschäfte war öffentlich über die Organisation von Ventric und der mit ihr verbundenen iWorxx AG bekannt. Als Rechercheure 2009 den Sitz in Appenzell besichtigten, hatten sie den Eindruck einer Briefkastenfirma. In dem älteren Wohnhaus mit Bürotrakt im Obergeschoss gebe es keinen Hinweis auf eine Geschäftstätigkeit, der Briefkasten werde nur sporadisch geleert. Kurz darauf bezogen Ventric und iWorxx ein neues Domizil in der Käsestadt - einen schmucken Neubau, in dem zahlreiche Firmen residieren. Anrufer landen bei einem gemeinsamen Callcenter. Doch Dietrich will von Briefkastenfirmen nichts wissen: Es gebe sehr wohl eine Geschäftstätigkeit, wenn auch keine umfangreiche. In der Schweiz sitze die Ventric AG wegen des dort wohnenden Gründers und der anderen Investoren, steuerliche Gründe gebe es dafür keine. Seine Ventric-Einnahmen versteuere er ordnungsgemäß in Deutschland, sagt der Leonberger und präsentiert entsprechende Behördenbelege. Überhaupt habe er "nichts zu verheimlichen".

Dietrichs Firma hat den Stuttgarter Kickers eine Million Euro gegeben


Mit einer neuen, im Südwesten ansässigen Firma macht Dietrich inzwischen ähnliche Fußball-Geschäfte. Bekannt wurde das erst kürzlich, ausdrücklich gegen seinen Willen. Monatelang rätselte die Öffentlichkeit, welcher geheimnisvolle Investor den klammen Stuttgarter Kickers angeblich eine Million Euro zur Verfügung gestellt habe. Mal war von "Mister X" die Rede, mal vom "Phantom", mal vom "geldgebenden Protagonisten". Ein Name wurde nie verraten. Nicht verbergen ließ sich allerdings, dass der Unbekannte bei den Turbulenzen, die unlängst in dem überraschenden Führungswechsel gipfelten, eine zentrale Rolle spielte. Im Ringen um die richtige Strategie und das beste Personal dafür hatte er sich auf die Seite des umstrittenen Sportkoordinators gestellt - und damit gegen das Präsidium. Er trete zurück, sagte Präsident Edgar Kurz nach nur 16 Monaten im Amt, "weil sich die Rahmenbedingungen anders darstellen als zur Zeit meines Amtsantritts". Der Investor ist eben kein "Sponsor", wie es zuweilen hieß, sondern ein Geldgeber, der sein Kapital auch gesichert und gemehrt sehen möchte. Dass das bei den Kickers nicht ganz einfach ist, wusste schon der legendäre Axel Dünnwald-Metzler. Wie, scherzte er einmal, werde man Millionär? Seine Antwort: "Wenn man Multimillionär ist und dann Präsident der Stuttgarter Kickers wird."

Durch StZ-Recherchen ist die Identität des Phantoms inzwischen zwar gelüftet: Es handelt sich zweifelsfrei um Wolfgang Dietrichs Firma. Offiziell bestätigt wird das indes weder bei den Kickers noch von ihm selbst. Die Transparenz, für die er als Stuttgart-21-Projektsprecher bürgen soll, hat bei seinen eigenen Projekten eben ihre Grenzen.