Der Bundesrechnungshof weist die Kritik der Bahn wegen angeblicher Intransparenz beim Erstellen seines Prüfberichts zu Stuttgart 21 zurück. Der Konzern sei über alle Zwischenergebnisse informiert worden, heißt es.
Berlin/Stuttgart - Der Bundesrechnungshof hat nach mehr als drei Jahren detaillierter Untersuchungen weitere Bewertungen zum Bahnprojekt Stuttgart 21 abgeschlossen. Über die streng vertraulichen Ergebnisse sollen Bundesregierung und Bundestag Anfang September informiert werden. Das bestätigte der Sprecher der Kontrollbehörde, Martin Winter, dieser Zeitung.
Die Kontrollbehörde hat allein seit 2013 in mehreren Verfahren acht Prüfungsmitteilungen zu S 21 an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geschickt und das umstrittene Bahnprojekt, dessen Kosten sich bereits fast verdreifacht haben, von vielen Seiten durchleuchtet. Angesichts drohender weiterer Mehrausgaben und deren ungeklärter Finanzierung wird unter anderem eine Zweckentfremdung von milliardenschweren Bundesmitteln befürchtet, die für den Erhalt des Schienennetzes und nicht für Neubauten wie S 21 bestimmt sind.
Rechnungshof hat vertrauliche Unterlagen eingesehen
Die aktuellen Verfahren umfassen laut Winter zwei Bereiche. Zum einen gehe es um die Transparenz der Haushaltsführung des Bundes im Hinblick auf Stuttgart 21. Zum anderen sei das Verhalten der drei Vertreter des Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzministeriums im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG untersucht worden. Wegen der Einsicht in vertrauliche Unterlagen des größten deutschen Staatskonzerns sei der Rechnungshof zu besonderer Verschwiegenheit verpflichtet, betonte Winter.
Beide Prüfbereiche gelten als politisch brisant und betreffen vor allem die Weiterführung von S 21 trotz enormer Mehrkosten, ungeklärter Finanzierung und fraglicher Wirtschaftlichkeit für die Bahn. Der Aufsichtsrat beschloss die Fortführung im Frühjahr 2013, nachdem sich auch der damalige Kanzleramtsminister und heutige Bahnvorstand Ronald Pofalla (CDU) eingeschaltet hatte. Zwei der Bundesvertreter stimmten damals einem neuen Kostenrahmen von bis zu 6,5 Milliarden Euro zu, obwohl ein internes Dossier des Verkehrsministeriums davon abgeraten hatte. Der dritte Staatssekretär sagte seine Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung seinerzeit kurzfristig ab.
Kosten könnten bis auf 10 Milliarden Euro steigen
Federführende Experten des Bundesrechnungshofs erwarten, dass Stuttgart 21 wegen Bauproblemen, Verzögerungen und Preissteigerungen am Ende bis zu 10 Milliarden Euro kosten könnte und damit nochmals 50 Prozent teurer würde. Ob diese Zahl konkret in den Prüfberichten auftauchen wird, bleibt aber abzuwarten. Zu konkreten Ergebnissen lehnte Rechnungshofsprecher Winter jegliche Stellungnahme ab.
Die Prüfungen des Bundesrechnungshofs zu Stuttgart 21 haben erhebliche Spannungen ausgelöst. Bahnchef Rüdiger Grube hatte sich auf der Halbjahres-Pressekonferenz in Berlin öffentlich beschwert, man kenne die Prüfergebnisse nicht, der Bericht liege der Bahn nicht vor und es mangle dem Verfahren an Transparenz. Mehrfach habe er auch selbst vergeblich beim Rechnungshof nachgefragt, klagte der Manager.
Stellungnahme der Bahn ist erfolgt
Diese Darstellung weist der Rechnungshof nun zurück. Die Bahn war demnach eng in die Prüfungen des Bundesrechnungshofs eingebunden und wurde detailliert über Zwischenergebnisse informiert. Das betont die Kontrollbehörde in einer Stellungnahme auf Anfrage dieser Zeitung.
Konkret bekam demnach der Konzern schon im Dezember 2014 mitgeteilt, welche Sachverhalte die Prüfer festgestellt hatten, nachdem in der Bahnzentrale interne Unterlagen gesichtet worden waren. Die DB AG nahm zu den Prüfergebnissen im Februar 2015 ausführlich Stellung. Die DB-Angaben flossen in die Prüfmitteilung ein, die der Rechnungshof im Juli 2015 dem Verkehrs-, Finanz- und Wirtschaftsministerium schickte. Danach stimmten sich die drei Ministerien, die mit je einem Staatssekretär im DB-Aufsichtsrat vertreten sind, mit dem Konzern ab und baten um Fristverlängerung für ihre Stellungnahme, die dann Ende 2015 beim Rechnungshof ankam. Beigefügt gewesen sei „eine umfassende Stellungnahme der DB AG, und zwar auch zu unseren Bewertungen“, betont der Rechnungshof.