Eigentlich sollte es nur um Lärm, Erschütterungen und Verkehrsfragen im Zusammenhang mit der erhöhten Grundwasserentnahme für Stuttgart 21 gehen. Doch in den Mittelpunkt rückte der Schutz um das Grundwasser.

Stuttgart - Eigentlich sollte es nur um Lärm, Erschütterungen und Verkehrsfragen im Zusammenhang mit der erhöhten Grundwasserentnahme für Stuttgart 21 gehen. Diese Themen standen bei der um den Donnerstag verlängerten Erörterungsverhandlung im Kongresszentrum der Messe zwar auf der Tagesordnung, behandelt wurden sie aber nur am Rande. In den Mittelpunkt rückten der Schutz des Mineral- und Grundwassers, die Sicherheit von Gebäuden und Haftungsfragen. Als die Versammlungsleiterin Gertrud Bühler vom Regierungspräsidium gegen 18 Uhr die Sitzung schloss, waren aus Sicht der rund 200 Bürger aber noch längst nicht alle Fragen schlüssig beantwortet. Deshalb forderten sie eine Verlängerung der Erörterung.

 

Doch dazu wird es nicht kommen. „Es gibt keine Fortsetzung des Erörterungstermins“, sagte Bühler. Alle relevanten Themen seien gestern und während der fünftägigen Erörterung im September ausführlich besprochen worden. „Die wesentlichen Argumente sind vorgebracht“, sagte Bühler. Das Regierungspräsidium will bis Ende Januar den Bericht über die Erörterung verfassen und ihn dann ans Eisenbahnbundesamt (EBA) schicken. Das EBA ist für die Genehmigung zuständig. Die Bahn erwartet das Okay bis spätestens September, weil dann die Arbeiten am Trog des Tiefbahnhofs beginnen sollen, die eine erhöhte Grundwasserentnahme erfordern.Fast vier Stunden lang drehte sich die Debatte am Vormittag zunächst um Verfahrensfragen. Zahlreiche Einwender, darunter die Vertreter der in Netzwerken zusammengeschlossenen Eigentümer und Anwohner, forderten, dass nicht nur die Themenbereiche Lärm, Erschütterungen und verkehrliche Belange, wie in der Tagesordnung aufgeführt, besprochen werden. 35 Fragen seien noch nicht behandelt worden, monierten Frank Schweizer und Ulrich Hangleiter – zur Gebäudesicherheit, zu Hangrutschungen, zur Beweissicherung und zu Unstimmigkeiten in Plänen für Anhydritvorkommen. Aber auch die Auswirkungen der Tunnelarbeiten in Wangen und die Problematik des südöstlichen, also aus Esslingen kommenden Mineralwasserstroms seien nicht ausreichend behandelt.

„Extrem risikobehaftetes Tunnelbauwerk“

In diesem Zusammenhang kritisierten viele Einwender, dass Vertreter des Landesamts für Geologie und des Stuttgarter Amts für Umweltschutz gestern nicht anwesend waren. „Das ist nicht akzeptabel“, sagte beispielsweise Hans-Jörg Jäckel. Die Rolle der Experten von Stadt und Land, die seit Jahren mit der Bahn in Arbeitskreisen die Problematik beraten, stieß auf Kritik. „Ihre Distanz ist verloren gegangen“, sagte Sabine Reichert vom Landesnaturschutzverband. Sie forderte wie andere Einwender ein öffentliches Hearing und die Beteiligung unabhängiger Experten bei der Grund- und Mineralwasserproblematik. Zudem erneuerte sie die Kritik daran, dass die Bahn zwar eine Abpump-Genehmigung für 6,8 Millionen Kubikmeter beantragt, zugleich aber ein flexibles Wasserrecht ohne Höchstmengen beansprucht – den sogenannten „Petrusfaktor“ für Spitzenniederschläge. Dies widerspreche den Gesetzen, die Planänderung sei deshalb nicht genehmigungsfähig, sagte Reichert.Am Nachmittag kritisierte der Geologe Ralf Laternser vom BUND, dass es trotz der, so seine Worte, „extrem risikobehafteten Tunnelbauwerke“ kein flächendeckendes und langfristiges Messprogramm für die rutschgefährdeten Hangbereiche gebe. Zudem wurden Bedenken wegen gravierender Grundwasserabsenkung im Bereich der Staatstheater und des Neuen Schlosses laut. Dazu nahmen die Vertreter der Bahn nicht inhaltlich Stellung. Diese Fragen seien nicht auf der Tagesordnung, sagte der Bahn-Jurist Josef-Walter Kirchberg.