Bahn und Land haben sich auf Ludwig Weitz als nächsten Schlichter in Sachen Stuttgart 21 geeinigt. Der Bonner ist Religionspädagoge.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Der Mann, der Heiner Geißler als Schlichter in Sachen Stuttgart 21 beerben soll, kommt aus Bonn. Ludwig Weitz heißt der designierte Moderator des sogenannten Filderdialogs, in dem die Bahn und die Landesregierung mit den betroffenen Bürgern auf den Fildern über die umstrittene Anbindung des Flughafens an den neuen Stuttgarter Tiefbahnhof diskutieren wollen. Entsprechende Informationen der Stuttgarter Zeitung bestätigten am Donnerstagnachmittag sowohl das Land als auch die Bahn. „Zwischen den Projektpartner herrscht Einigkeit, dass Herr Weitz das machen soll“, sagte der Vizeregierungssprecher Arne Braun auf Anfrage. „Wir haben uns mit ihm auf eine Zusammenarbeit verständigt“, sekundierte der Sprecher des Bahnprojektes Stuttgart 21, Wolfgang Dietrich. Weitz selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

 

Ausweislich seiner Selbstdarstellung arbeitet Weitz seit 1994 als selbstständiger Organisationsberater, Moderator und Trainer. Von Haus aus ist er Religionspädagoge. Weitz, Jahrgang 1961, ist Leiter und Inhaber einer Agentur namens Vision mit Sitz in Bonn. Sein Unternehmen bietet Beratung, Moderation, Training für Menschen und Organisationen an. Zu den Arbeitsschwerpunkten der Agentur zählt die Partizipation im Gemeinwesen und in Unternehmen.

Auf Einladung des Bundespräsidenten moderiert

Nach Angaben auf seiner Homepage moderierte Weitz im März 2011 das Regionale Bürgerforum in Frankfurt. Auf Einladung des Bundespräsidenten hätten 10.000 zufällig ausgewählte Bürger in 25 Kommunen und Landkreisen über das Leitthema „Zukunft braucht Zusammenhalt – Vielfalt schafft Chancen“ diskutiert, schreibt Weitz über das Verfahren.

Im Bezug auf Stuttgart 21 und den Dialog der Projektpartner mit den Bürgern auf den Fildern hat Weitz den Vorzug vor Ortwin Renn erhalten. Einige Vertreter der Projektpartner Bahn und Land hatten dem Vernehmen nach die Befürchtung, dass der Sozialwissenschaftler von der Universität Stuttgart bereits zu sehr in den Streit über das Projekt verwickelt sein könnte. Tatsächlich hatte Renn im Dezember vergangenen Jahres eine Expertenrunde moderiert, in der erörtert worden war, was mit den Bäumen im Schlossgarten passieren soll. Die Empfehlung des Forums, im Widerspruch zu Heiner Geißlers Schlichterspruch nur einen Teil der 176 Bäume zu verpflanzen, wurde anschließend auch umgesetzt.

Die Fildertrasse ist noch nicht genehmigt

Das nun anstehende Verfahren im Filderdialog dürfte in seiner Dimension aber eher an die Geißler-Schlichtung erinnern. Konkret geht es zum einen um die Beschaffenheit des Fernbahnhofs am Flughafen, zum anderen um die Trasse, auf der die aus Süden kommenden Fernzüge über den Flughafen hinunter zum Tiefbahnhof im Talkessel geführt werden. Die Bahn hat dafür eine Lösung erarbeitet, die aber noch nicht das vorgeschriebene Planfeststellungsverfahren durchlaufen hat. Deswegen kann sie noch geändert werden. Beide Teilprojekte zählen organisatorisch aber zu Stuttgart 21 und fallen daher auch unter die Finanzierungsvereinbarung, die einen Kostendeckel von 4,526 Milliarden Euro vorsieht.

Wie berichtet wenden sich viele Bürger und Kommunalpolitiker auf den Fildern gegen die sogenannte Antragstrasse, auch Verkehrsminister Winfried Hermann hat die Planung auf den Fildern als „Murks“ bezeichnet, und selbst bei der Bahn findet sich kaum ein Planer, der sich nicht auch andere Lösungen vorstellen könnte. Im Mai soll deswegen in der Filderhalle in Leinfelden ein neuer Diskussionsprozess beginnen. In mindestens drei Sitzungen wollen Bahn und Land dann mit den Betroffenen um die Sache ringen. Der Moderator Ludwig Weitz darf sich vermutlich auf einen heißen Monat einstellen.