Die Landeshauptstadt will auf dem alten Gleisgelände so schnell wie möglich Wohnungen bauen. Das ist nicht so einfach, zum Beispiel, weil dort Eidechsen siedeln.

Stuttgart - Wie schnell kann die Stadt auf dem alten Gleisgelände in der City nach der Inbetriebnahme des Stuttgart-21-Durchgangsbahnhofs 6000 Wohnungen bauen? Bei der Antwort auf diese Frage ist Stuttgart offenbar stark auf die Bahn angewiesen. Ohne die Hilfe des Schienenkonzerns könnte es erhebliche Verzögerungen beim Bau des neuen Rosensteinviertels geben. Der Architektenwettbewerb dazu ist im Juli 2019 entschieden worden.

 

Die Stadt wolle mit der Bahn über Details zum „schnellstmöglichen“ Gleisabbau verhandeln, lässt die Kommune in einer Mitteilung wissen. Auch über den Städtebau wolle man bis zum 31. März 2021 entscheiden, „ergebnisoffen und ohne jede Vorfestlegung“, heißt es. Der Gemeinderat solle der Verwaltung bis zur Sommerpause ein Verhandlungsmandat geben.

Für die Stadt ein sensibles Thema

Dazu erhalten die 60 Räte eine Verwaltungsvorlage. Sie ist nicht öffentlich und noch nicht bei den Fraktionen angelandet. Die Verwaltung will Fragen dazu nicht beantworten. Alles Weitere sei „sensibel“, heißt es, man wolle die Gespräche mit der Bahn „nicht durch Äußerungen beeinträchtigen“.

Ganz ergebnisoffen und ohne Vorfestlegungen werden die Gespräche aber wohl nicht geführt. Die Stadt hat das Bahngelände 2001 erworben und der Bahn später Zinsen bis 2021 geschenkt. Dann würden pro Jahr, abhängig vom Basiszinssatz der EZB, rund 11,3 Millionen Euro fällig. Die Bahn denkt aber offenbar nicht daran, den Verzugszins zu zahlen und argumentiert dem Vernehmen nach, die Stadt habe Verzögerungen bei Stuttgart 21 zu verantworten.

Vertrag muss geändert werden

Bisher ist vertraglich vereinbart, dass die Bahn ihre Gleise und Bauten komplett abräumt und die Fläche vom Bonatzbau bis zu den alten Lokschuppen an der Ehmannstraße planiert. Mit dem Siegerentwurf für das Rosensteinquartier will die Stadt aber nun Historisches wie den Gleisbogen erhalten, und den Geländeversprung zum Schlossgarten stärker einebnen.

Und dann sind da noch die Grünen, die eine Ergänzungsstation am Tiefbahnhof just an der Stelle fordern, an der die Bahn zum Bau einer Tiefgarage verpflichtet ist – die Vorfestlegungen nehmen kein Ende. Um die Gleise abzuräumen, müssen Bahn oder Kommune einen Freistellungsantrag beim Eisenbahn-Bundesamt (Eba) stellen. Es liege derzeit keiner vor, hieß es am Mittwoch aus der Behörde. Erst mit der Freistellung vom Bahnbetrieb „erhalten die Kommunen die Planungshoheit über die Flächen zurück“, so das Eba. Für die Landeshauptstadt geht es um wertvolle Jahre. Deshalb wolle man nun „verfahrenstechnisch effektiv und wirtschaftlich vorgehen“ und prüfen „inwieweit der Grundstückskaufvertrag angepasst werden muss“.

Und wieder stören Eidechsen

Eidechsen, die auf dem Gleisschotter heimisch sind, könnten der Stadt beim Wohnungsbau in die Quere kommen. Der Artenschutz lässt der Bahn bei der Freistellung offenbar weit weniger Spielraum als der Kommune, die mit dem dringend nötigen Wohnungsbau argumentieren und die Tiere daher leichter abräumen könnte.