In den Neckarvororten hat die Bahn weiter ein Problem mit der Sprengerlaubnis in den Tunneln für Stuttgart 21. Hilft nun die Politik?

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Manches lässt sich einfach nicht planen. Als am Donnerstagabend S-21-Chef Manfred Leger in der Untertürkheimer Sängerhalle über die Belastungen des Tunnelbaus zu sprechen beginnt, dringt ein dumpfes Grollen aus dem Untergrund, das die Halle erzittern lässt: Es wird gesprengt für die S-21-Tunnel unter dem Stadtbezirk.

 

Allerdings dürfen die Mineure das nur zwischen 6 und 22 Uhr. In den übrigen Stunden werden die Tunnel mit Meißelbaggern vorangetrieben. Diese dauerhafte Belastung hat der Bahn im Nachbarstadtbezirk Wangen Ärger mit Anwohnern über den Röhren eingebracht. Seit Oktober 2015 bemühen sich die S-21-Bauer nun schon um eine Genehmigung, auch nachts sprengen dürfen – bislang nur mit bescheidenem Erfolg. Auch ein Spitzengespräch am Donnerstag mit der Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, in deren Haus das zuständige Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau beheimatet ist, brachte kein Ergebnis. Neben der S-21-Projektgesellschaft saßen auch Vertreter des Landesverkehrsministeriums und des Landesumweltministeriums am Tisch. „Ein Ergebnis hat es nicht gegeben“, sagt RP-Sprecher Manuel Winterhalter-Stocker auf Anfrage.

Spitzengespräch ohne Ergebnis

Es handle sich um eine „rechtlich komplexe Geschichte“. Weitere Gespräche seien nötig. Bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, vermag der RP-Sprecher nicht zu prognostizieren. Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass der zögerliche Fortgang vor allem bei Vertretern der Landespolitik auf Unverständnis stieß. Womöglich müsse sich das neue grün-schwarze Kabinett einmal mit der Angelegenheit befassen. Bei der Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) ist man daran interessiert, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen. „Wir sind nach wie vor auf allen Ebenen bemüht, eine für die Bürger vernünftige Lösung hinzubekommen“, sagt ein Projektsprecher. Die PSU hatte als Kompromiss vorgeschlagen, eine Nacht-Kernzeit zwischen 0 und 5 Uhr auszusparen.

In dieser Spanne hätte es weder Sprengungen noch Meißelvortrieb geben sollen. Doch auch das Ausdehnen dieser Ruhepause bis 6 Uhr, die die PSU in Freibug vorschlug, konnte die Behörde nicht überzeugen. „Wir haben da nichts erreicht“, sagte Manfred Leger am Donnerstagabend in Untertürkheim.

Bahn erweitert die Hotelangebote

Dort ist die Sorge groß, die Belastungen durch den Tunnelbau könnten noch heftiger werden als im Nachbarstadtbezirk Wangen. Zumal östlich des Neckars der Abstand zwischen Röhren und den Häusern darüber geringer ist in Wangen. Von dort weiter in Richtung Innenstadt darf die Bahn mittlerweile rund um die Uhr sprengen – mit Ausnahme eines Bereichs im Gewann Abelsberg, sowie der Libanon- und der Klingenstraße in Gablenberg.

Gäbe es die nächtliche Sprengpause nicht, so argumentiert die Bahn, könnten die Tunnel schneller vorangetrieben und die Belastung für die Anwohner damit zeitlich reduziert werden. Freilich sitzt den Mineuren auch der angespannte Zeitplan im Nacken. Jeder rasch ausgebrochene Tunnelmeter kann da helfen.

Einstweilen dehnt die Bahn ihr Angebot, vom Baulärm betroffene Anwohner vorübergehend in Hotels unterzubringen, auf Untertürkheim aus und vergrößert den Radius um den Tunnel herum, in dem die Offerte gilt. Im Gemeinderat fordern CDU, SPD, Freie Wähler und FDP, dass sich OB Fritz Kuhn (Grüne), die Bürgermeisterriege und der gesamte Gemeinderat von den Belastungen für die Anwohner, aber auch vom Baufortschritt ein Bild machen sollen. Dazu solle die Verwaltung eine ganztägige Baustellentour organisieren, heißt es in einem aktuellen Antrag der Stadträte.