Als Projektpartner von Stuttgart 21 haben die Stadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart harsche Kritik am Stand zur Vorbereitung des Filderdialogs geübt.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - In ihrer Funktion als Projektpartner von Stuttgart 21 haben die Stadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart ungewöhnlich harsche Kritik am Stand zur Vorbereitung des Filderdialogs geübt. In einem gemeinsamen Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), das der Stuttgarter Zeitung vorliegt, bezeichneten Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas Bopp (beide CDU), den Start des neuartigen Bürgerbeteiligungsverfahren als „leider missglückt“.

 

Beide stellen bereits die Besetzung der sogenannten Spurgruppe, die den eigentlichen Dialog vorbereiten soll, „ausdrücklich in Frage“. Eine „derartig einseitige, nicht abgestimmte Besetzung mit Teilnehmern aus Leinfelden-Echterdingen und aus den Bürgerinitiativen gegen Stuttgart 21 wird von uns nicht mitgetragen“, schreiben Schuster und Bopp. Es sei „unverständlich, dass mehrere Einzelstadträte aus Leinfelden-Echterdingen beziehungsweise Vertreter der Schutzgemeinschaft Filder Berücksichtigung finden, während die anderen Filderkommunen überhaupt nicht vertreten sind“. Der Stadt Stuttgart sei, wie berichtet, erst „auf massives Drängen hin, neben dem Sitz als Projektpartner, nur ein Sitz für einen Bezirksvorsteher (statt der geforderten drei) zur Verfügung gestellt“ worden.

Die harsche Kritik von Schuster und Bopp trifft zunächst vor allem den von den beiden anderen Projektpartnern Land und Bahn bestellten Moderator des Filderdialogs, Ludwig Weitz. Der Organisationsberater aus Bonn hat die sogenannte Spurgruppe in den vergangenen Wochen benannt – teils gegen erhebliche Bedenken von verschiedenen Seiten. Erst nach der ersten Sitzung des Gremiums am vergangenen Montag war bekannt geworden, dass nun doch noch ein Vertreter der Stuttgarter Stadtbezirke in die Spurgruppe aufgenommen wird. Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung sagte Weitz dazu am Tag danach: „Dass nicht alle zum Zug kommen können, die sich gerne an der Vorbereitung des Filderdialogs beteiligen würden, ist bei einem Projekt wie Stuttgart 21 mit seinen vielen unterschiedlichen Interessenfeldern nicht zu verhindern.“ Er versuche in dem Prozess, „die Realität abzubilden“.

Warnung an Winfried Kretschmann

Eine deutliche Warnung adressierten Schuster und Bopp in ihrem Brief allerdings auch an Ministerpräsident Kretschmann, dessen Verkehrsminister Winfried Hermann und die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler. „Soweit von Seiten des Landes der Eindruck erweckt wird, es gebe keine Tabus bei den zu diskutierenden Varianten und die bisher gültigen Prämissen gehörten auf den Prüfstand, können wir dies nicht mittragen“, heißt es in dem Schreiben. Dies entspräche weder der Vertrags- noch der Rechtslage und sei von den Projektpartnern auch anders abgesprochen gewesen. Gegenüber den Bürgern, die hohe Erwartungen an den Filderdialog stellten, sei es „unredlich, einen so nicht vorhandenen Spielraum für realistische Planungsvarianten in Aussicht zu stellen“. Dies gelte umso mehr, „wenn man gleichzeitig den Kostendeckel als einzige Maxime betont“.

Bisher sind für das Bahnprojekt Stuttgart 21 inklusive der noch nicht genehmigten Trasse zur Anbindung des Flughafens an den Tiefbahnhof, über die im Filderdialog diskutiert werden soll, maximale Kosten von 4,526 Milliarden Euro vorgesehen. Auf den Fildern ist vor allem die gemeinsame Nutzung der S-Bahn-Trasse in Leinfelden-Echterdingen durch den Fern- und den Nahverkehr in Richtung Flughafen umstritten. Verkehrsminister Hermann und Vertreter von Bürgerinitiativen bevorzugen dagegen den Erhalt der alten Gäubahn und eine reine S-Bahn-Anbindung des Flughafens von Stuttgart-Vaihingen aus. Dieses widerspräche aber den Prämissen, die bei der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung von Stuttgart 21 im Jahr 2009 definiert worden sind.