Wegen Problemen beim Tunnelbau für Stuttgart 21 gräbt die Bahn das Gelände der Sportgemeinschaft Untertürkheim um. Für die elf betroffenen Teams sind noch keine Ausweichquartiere gefunden.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Das vergangene Wochenende ist kein gutes für die Herrenmannschaft der Sportgemeinschaft Untertürkheim (SGU) gewesen: Die Fußballer verloren nicht nur das Heimspiel gegen die Truppe von GSV Ermis, sondern auch die Tabellenführung in der Kreisliga A. Und just in der Saison, wo die Kicker eine Rolle im Aufstiegskampf spielen, verlieren sie nun auch noch vorübergehend ihr eigenes Spielfeld. Wo heute Freizeitfußballer hinter dem Leder herjagen, lässt die Bahn von Mitte Dezember an schweres Gerät auffahren – der Platz wird für rund ein halbes Jahr unbespielbar sein.

 

Geplant war das so nicht. Nötig werden die Arbeiten aus Sicht der Bahn, weil der Untertürkheimer Untergrund, durch den sie einen Tunnel für Stuttgart 21 treibt, unangenehme Überraschungen birgt. Trotz Probebohrungen trafen die Mineure dort Anfang September auf einen Grundwasser führenden Hohlraum. Das Wasser drang in die Tunnelbaustelle ein, die seitdem auf Höhe der Albert-Dulk-Straße stillsteht. Projektkritiker aus dem benachbarten Lindenschulviertel hatten in der Vergangenheit immer wieder auf den aus ihrer Sicht schwierigen Untergrund hingewiesen, die Bahn schätzte die Risiken als beherrschbar ein.

Das Sportamt der Stadt versucht zu vermitteln

Ehe es von der Stelle des Zwischenfalls aus weitergeht, will die Bahn nun von oben Beton in den Boden pressen, um ähnliche Vorfälle zu vermeiden. Da die Tunneltrasse jenseits der Albert-Dulk-Straße unmittelbar unter dem Gelände der Sportgemeinschaft liegt, wird auch dieses in Mitleidenschaft gezogen. „Die Bohrungen finden in einem 40 Meter breiten Bereich alle fünf Meter statt“, sagt ein Bahnsprecher auf Anfrage. Was auf die Fußballer zukommt, können sie sich auf den benachbarten Tennisplätzen anschauen. Dort arbeitet die Bahn bereits – jahreszeitbedingt haben sich die Tennissportler schon die Halle zurückgezogen. Die Fußballer können die Hinrunde noch an angestammter Stätte zu Ende bringen. Was danach kommt, ist noch nicht klar. „Die Gespräche über Ausweichquartiere laufen“, sagt Stuttgarts Sportamtschef Günther Kuhnigk. Vor allem das Sportgelände an der Mercedesstraße komme in Betracht – aber auch die Anlagen der Vereine in Wangen und Uhlbach sowie die des TB Untertürkheim. Der SGU-Vorsitzende Hilmar Meier zeigt sich zuversichtlich, alsbald eine Lösung für die neun Jugend- und zwei Aktivenmannschaften, die im Dress der SGU auflaufen, gefunden zu haben. Vor allem für die Jugendlichen sollten die Ausweichquartiere nicht zu weit entfernt sein. „Wir möchten ja niemand von unserem Nachwuchs verlieren“, sagt Meier, der die Gesprächsatmosphäre mit der Bahn und das Engagement des Sportamts lobt. Allerspätestens Ende Juni 2017 brauchen die Untertürkheimer wieder den Platz. Dann steigt deren großes Jugendfußballturnier. Um den Terminplan halten zu können, muss Anfang April mit dem Wiederaufbau des Kunstrasenplatzes begonnen werden. Die Bahn habe „die feste Absicht, das hinzubekommen“, sagt ein Bahnsprecher. Die Bahn bezahlt sämtliche Arbeiten, die durch ihr Eingreifen notwendig werden.

Gut fünf Millionen Liter Wasser sind in den Tunnel gelaufen

Nach den Vorgängen auf der Tunnelbaustelle hat sich auch Ralph Schertlen, Stadtrat der „Stadtisten“, erkundigt. Den Kommunalpolitiker trieb die Frage um, ob Vergleichbares an anderen Stellen in der Stadt, wo die Bahn an Stuttgart 21 baut, auch passieren könne – insbesondere im Kernerviertel. Die Stadtverwaltung zeigt sich in ihrer Antwort zuversichtlich, dass ein ähnliches Ereignis dort nicht zu erwarten sei. Aus der Zusammenstellung aus dem Rathaus geht auch hervor, dass in Untertürkheim gut fünf Millionen Liter Wasser in die Baustelle gelaufen sind, ehe sie wieder abgedichtet werden konnte.