Stuttgart 21 Tunnelbauer sehen Licht

Ein erster Abschnitt der Röhren nach Bad Cannstatt zwischen Nordbahnhof und dem Rosensteinpark ist gegraben. Neue Pläne für die Neckarbrücke sind mittlerweile genehmigt – der Artenschutz bleibt aber ein Problem der Bahn.
Stuttgart - Ohne großes Aufhebens hat die Bahn einen ersten Tunneldurchschlag bei S 21 erledigt. Die Mineure, die sich vom Nordbahnhof Richtung Bad Cannstatt graben, haben nach einer Wegstrecke von knapp 740 Meter Licht gesehen – im oberen Teil des Tunnelquerschnitts.
Seit dem 21. März 2014, dem Tag des symbolischen Tunnelanschlags, wird an den beiden gut 3,5 Kilometer langen Röhren gearbeitet, die nach ihrer Fertigstellung Bad Cannstatt mit dem neuen Hauptbahnhof verbinden. Wegen der Länge des unterirdischen Bauwerks arbeiten sich die Arbeiter von einer grob in der Mitte liegenden Grube in Richtung der beiden Tunnelenden voran. Zwischenangriffe (ZA) heißen diese im Tunnelverlauf liegenden Baustellen. Zwei davon sind nun verbunden: Der ZA in der Nähe des Nordbahnhofs und jener am Rand des Rosensteinparks an der Ehmannstraße. „Wir haben da durchgeschlagen“, bestätigt ein Sprecher der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) auf Anfrage. Die Öffnung erleichtere auch die Belüftung der Tunnelbaustelle. Weil nun ein Kamineffekt entstehe, der konstante Zugluft in der Röhre verursacht, konnte die Bahn eine der großen Belüftungsanlagen am Nordbahnhof drosseln – was den lärmgeplagten Anwohnern der Baustelle etwas Linderung verschafft.
Bautransporte durch den neuen Tunnel?
Den Durchbruch haben die Arbeiter in jener Röhre geschafft, in der einmal die Züge Richtung Hauptbahnhof fahren. Doch erst einmal könnte das Bauwerk als Straßentunnel dienen. Zumindest wenn die Bahn mit ihren geänderten Plänen bei der Genehmigungsbehörde durchdringt, die die Bahn im März einreichen möchte. Die sehen unter anderem vor, die gegrabenen Tunnel mit Lastwagen zu befahren, die die Erde von anderen Baustellen zur zentralen Logistikfläche am Nordbahnhof bringen. Dort werden Erde und Gestein gesichtet, sortiert und zum weiteren Abtransport auf Güterzüge verladen. „Wenn wir durch die Tunnel fahren, entlasten wir das öffentliche Straßennetz von unseren Transporten“, erklärt der Sprecher. Die sind derzeit von der Baustelle an der Ehmannstraße via Rosensteinstraße bis zu einer Einfahrt zum Logistikstraßennetz kurz vor dem Ufa-Palast unterwegs. Anwohner des Nordbahnhofviertels hatten immer wieder die Belastung durch die Lastwagen beklagt.
Geändert hat die Bahn auch ihre Baupläne für die sich an den Tunnel anschließende Brücke über den Neckar. Doch anders als an der Ehmannstraße halten die S-21-Bauer die Genehmigung ihrer modifizierten Pläne bereits in den Händen. Einen entsprechenden Bescheid hat das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) mit Datum vom 1. Februar erlassen. Demnach ruht das Brückenbauwerk, über das vier Gleise sowie ein Geh- und Radweg verlaufen, auf 19 Stützen und damit weniger als es der ursprüngliche Entwurf des Stuttgarter Ingenieurbüros Schlaich, Bergermann und Partner vorsieht. Das Eba genehmigt auch Baumaßnahmen in dem Bereich, der eigentlich von der Heilquellenschutzverordnung gedeckt ist. Der Brückenbau findet in Sichtweite zu den Mineralbädern Leuze und Berg statt. Kritiker sehen nicht nur in diesem Projektabschnitt eine Gefährdung des Stuttgarter Mineralwasseraufkommens.
Der Artenschutz bleibt ein Problem der Bahn
Der Baubeginn für die Brücke zumindest auf der der Innenstadt zugewandten Neckaruferseite ist ohnehin aber noch nicht absehbar. In den Bäumen am Hang unterhalb des Schloss Rosenstein werden streng geschützte Arten vermutet, darunter der Juchtenkäfer. Das Areal genießt durch die „Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie“ der Europäischen Union besonderen Schutzstatus.
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