Von Donnerstag an läuft in den Stuttgarter Kinos ein Spot der S21-Projektgegner. Wegen monatelanger Sperrungen und Bauarbeiten für das Großprojekt warnen sie vor einem Verkehrschaos.
Stuttgart - Finanzbürgermeister Michael Föll könnte in nächster Zeit deutlich mehr E-Mails und Anrufe bekommen als ihm lieb ist. Denn von Donnerstag an läuft in vier großen Stuttgarter Kinos ein kurzer Film über das von einer Initiative aus S-21-Gegnern befürchtete Stadtbahnchaos, das der Erste Bürgermeister und SSB-Aufsichtsrat verhindern soll. „Lass es Föll“ heißt die Botschaft unter Nennung seiner dienstlichen Kontaktdaten. Dass nicht der SSB-Aufsichtsratschef und Oberbürgermeister Fritz Kuhn Adressat ist, begründet Filmemacher Joris Schoeller mit dem Parteibuch: „Kuhn ist Grüner, und die Grünen sind gegen S 21. Föll ist als CDU-Mitglied bekennender S-21-Befürworter.“
Die Handlung des einminütigen Spots: Ein Hund namens Bine freut sich, dass er künftig mehr unterwegs ist, weil sein Herrchen nicht mehr mit der Stadtbahn fahren kann, wenn die Linien wegen der S-21-Arbeiten unterbrochen sind. Das passt dem Herrchen, dem Gassigeher, aber gar nicht, der sich daraufhin ins Rathaus aufmacht, um sich bei Föll zu beschweren. Just dies sollen auch Kinogänger machen, die den Spot im nächsten Monat in den Abendvorstellungen sehen. Zudem wird der Gassi-geher-Film über eine Anzeige auf allen Seiten des sozialen Netzwerks Facebook mit Stuttgartbezug beworben – mit dem Zusatz, die beiden Bürgerbegehren wegen der Kostenexplosion bei Stuttgart 21 und der umstrittenen Leistungsfähigkeit des neuen Tiefbahnhofs zu unterstützen.
Ein neuer Abwasserkanal bereitet Probleme
Hintergrund der Aktion ist der Bau eines neuen Abwasserkanals im Zuge des Nesenbachs, der nach der noch nicht genehmigten Planänderung nicht mehr bergmännisch gegraben, sondern in offener Bauweise hergestellt werden soll. Der neue, tiefer gelegte Kanal ist notwendig, weil der bisherige dem Bau des Tiefbahnhofs im Weg ist. Die neuen Pläne führen aber nicht nur – wie ursprünglich geplant und bisher der Genehmigung zugrunde gelegt – zu einer zweiwöchigen Sperrung von Stadtbahnlinien, sondern sie sorgen für eine Unterbrechung von mehr als zwei Jahren auf der Strecke zwischen Staatsgalerie und Hauptbahnhof und von zusätzlich neun Monaten zwischen Staatsgalerie und Charlottenplatz (die StZ berichtete).
Die Initiative befürchtet deshalb ein Stadtbahnchaos mit längeren Fahrtzeiten, verpassten Anschlüssen und häufigem Umsteigen – alles zu Lasten der Fahrgäste und des städtischen Unternehmens SSB. Dies müsse Föll, dies müssten aber auch die Gemeinderäte verhindern, fordert Matthias von Herrmann, der Sprecher der Parkschützer, „sie müssen durchsetzen, was in der Planfeststellung für S 21 steht: keine Beeinträchtigung der Stadtbahn.“ Wenn dies anders nicht gehe, müssten die S-21-Verträge von der Stadt gekündigt und das Projekt beendet werden.
Zwei Jahre Vorlauf für die Planungen
Die SSB bestätigt erneut, dass Stadtbahnlinien umgeleitet werden müssten, es würden aber weiter alle Haltestellen angefahren. Details nennt sie aber nicht. Die Sperrungen stellten zwar eine Herausforderung dar. „Es ist aber nicht gerechtfertigt, von einem Chaos zu reden“, sagt die SSB-Sprecherin Susanne Schupp. Da die Unterbrechungen der Linien erst von 2016 an wirksam würden, „können wir die zwei Jahre Vorlauf für eine gutes und starkes Konzept nutzen“, sagt sie. Dies werde momentan erarbeitet und dann veröffentlicht. Von Herrmann fordert aber: „Die Stadt und die SSB können nicht länger schweigen.“