Verkehrsminister Hermann und Stuttgart-21-Sprecher Dietrich haben bei der IHK über das Projekt gesprochen. Das mögliche Bauende scheint unklar.

Stuttgart - Wann immer es etwas zum Thema Stuttgart 21 zu berichten gibt, ist das Interesse groß. Das war auch Mittwoch Mittag im Haus der Industrie- und Handelskammer (IHK) nicht anders, die zahlreiche Unternehmensvertreter ihrer Gremien zu einem Hearing mit dem Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und dem Sprecher des Bahnprojekts, Wolfgang Dietrich, geladen hatte: Obwohl kurzfristig etliche Stuhlreihen angebaut wurden, hatte nicht jeder der knapp 180 Zuhörer einen Sitzplatz.

 

Drei große Themenblöcke, zu denen es "jede Menge Fragen gibt", hatte der IHK-Präsident Herbert Müller vorab ausgegeben: die Schlichtung, den geplanten Volksentscheid und die von Schlichter Heiner Geißler vorgeschlagene Kompromisslösung mit dem bestehenden Kopfbahnhof und neuem Tiefbahnhof nur für die Fernzüge. Diese "Kombivariante" sei aus verkehrlicher Sicht nicht so schlecht und verbinde mit dem unterirdischen Fernverkehr und dem Regionalverkehr darüber die Vorteile der beiden bisherigen Alternativen, so Hermann, in dessen Ministerium der Vorschlag "intensiv geprüft" worden ist. Das Ergebnis soll in den nächsten Tagen öffentlich gemacht werden, schon jetzt aber könne er sagen, so Hermann: "Den angeführten Kostenrahmen von 2,5 bis drei Milliarden Euro können wir bestätigen." Damit sei die Kombilösung in jedem Fall innerhalb des für Stuttgart 21 veranschlagten Etats zu realisieren - aus seiner Sicht anders als der von der Bahn bisher geplante Tiefbahnhof. "Wir glauben nicht, dass der für 4,5 Milliarden Euro zu bauen ist."

2025 statt 2019?

Zudem habe die Bahn gegenüber dem Ministerium intern bereits mehrfach ein anderes Bauende als 2019 genannt, so Hermann. "Experten sagen vorher, dass im Blick auf die Fertigstellung schon 2025 ein Glücksfall wäre." Dieser Prognose widersprach Wolfgang Dietrich. Inzwischen seien 25 Prozent der Vergaben erledigt und die Bahn liege immer noch im Kosten- und im Zeitplan. Allenfalls müsse man wegen des Baustopps und anderer Verzögerungen eine "Ehrenrunde drehen".

Während für den Projektsprecher das Gutachten der Schweizer Verkehrplaner SMA "eindeutig bewiesen hat, dass der Stresstest bestanden wurde", hält der Verkehrsminister die darin aufgezeigten Perspektiven für "nicht ausreichend". Alle fünf Kriterien des Landes, etwa die Umsetzung des integralen Taktfahrplans, seien nicht umfänglich erfüllt worden, so Hermann: "Das ist zu wenig Bahnhof für zu viel Geld." Bei prognostizierten 30 Prozent Zuwachs im Schienenverkehr sei der Tiefbahnhof bei seiner Fertigstellung bereits an der Leistungsgrenze angelangt. "Für ein Jahrhundertprojekt ist das zu kurz gesprungen."

Volksentscheid findet Zuspruch

Im September werde die Landesregierung, die ihre bisherige Trägerschaft am Kommunikationsbüro des Bahnprojekts ruhen lassen will, wie geplant das Kündigungsgesetz im Landtag einbringen, um auf diesem Weg einen Volksentscheid herbeizuführen. Die Finanzierung sei nicht sichergestellt und der Zeitplan nicht zu halten, dadurch entfalle die Geschäftsgrundlage für den Vertrag mit der Bahn, betonte Hermann. Auf einen Volksentscheid hoffe nun auch der Verkehrskonzern, so Dietrich: "Ich bin sicher, dass die Mehrheit für das Projekt ist."

Die Bahn selbst wie auch die Partner von Bund, Stadt Stuttgart und Region lehnen bekanntlich die Kombilösung ab und halten am Bau von Stuttgart 21 fest. Noch diesen Herbst will der Verkehrskonzern weitere Aufträge für die Talquerung durch den Schlossgarten und die Strecke nach Feuerbach vergeben, erklärte Dietrich, den vor allem die Skepsis der Gegner stört. Ingenieure aus Baden-Württemberg würden auf der ganzen Welt viel kompliziertere Projekte bauen: "Und ausgerechnet im eigenen Land vertraut man dieser angesehenen Ingenieurkunst nicht."