Ein Trägerverein verwaltet das Theater der Altstadt im Westen – künstlerisch übt er keinen Einfluss aus.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-West - Dieser Verein ist anders: „Wir machen keine Angebote für unsere Mitglieder“, sagt sein Vorsitzender Roland Schmid, Ministerialrat im Kultusministerium und Fraktionssprecher der CDU im Bezirksbeirat Bad-Cannstatt. Fast möchte man sagen, die Mitglieder des Vereins Theater der Altstadt haben nicht nur keine Vergünstigungen, sondern stattdessen nur Arbeit. Dafür aber gestalten sie das kulturelle Leben der Stadt mit, indem sie dem Theater der Altstadt mit ihrem Fachwissen zur Seite stehen. „Wir alle sind im Kulturbereich tätig“, charakterisiert Schmid die Synergieeffekte zwischen Verein und Theater.

 

Von den kleinen Theatern hat das Theater der Altstadt die größten Einnahmen, denn das Publikum kommt gerne in das ehemalige Kino in der Rotebühlstraße, dessen Eingang seit 1999 eine jetzt signalrot lackierte, überdimensionale Büste von Arthur Schopenhauer ziert. Der Erfolg beim Publikum geht auf das Konto der Intendantin Susanne Heydenreich. Ihr hält der Trägerverein zu Gunsten der künstlerischen Arbeit den Rücken von Verwaltung und Bürokratie frei. „Wir reden beim Theater nur rein, wenn es um den Etat geht. Inhaltlich halten wir uns völlig raus“, versichert Schmid und Heydenreich ist glücklich über diese Konstruktion: „Der Verein hat mit Blick auf die Finanzen eine kontrollierende und eine schützende Funktion. Deshalb machen wir auf sein Anraten nur noch vier statt wie früher fünf Neuinszenierungen im Jahr. Mehr ist finanziell nicht drin.“

Die Schauspieler haben alle Nebenjobs

Schon seit rund 30 Jahren verwaltet Wolfgang Rothfuss die Finanzen. Der mittlerweile pensionierte frühere Leiter des Rechnungswesens beim direkt benachbarten Klett-Verlag, hat somit ehrenamtlich die Rolle des Verwaltungsdirektors und sitzt an zwei Tagen der Woche im Büro in der Rotebühlstraße, um die Buchhaltung zu machen. „Wir müssten sonst dafür jemanden einstellen, aber das können wir uns gar nicht leisten. Außerdem ist Herr Rotfuß ein guter Jongleur, wenn am Jahresende nur noch Rechnungen da sind und das Geld weg ist“, lobt die Intendantin.

„Außer mir gibt es keine Festangestellten mehr und jeder der Schauspieler hat zwei bis drei Nebenjobs, denn von dem, was sie hier verdienen, können sie nicht leben,“ weiß Heydenreich. Das wird auch so bleiben, denn von den 30 000 Euro zusätzlichen Zuschuss, die Schmid in den Haushaltsverhandlungen beim Gemeinderat zur Konsolidierung des Theater-Etats gefordert hat, wurden nur 13 800 Euro bewilligt. Insgesamt stehen dem Theater mit den Zuschüssen von Stadt und Land jährlich 657 000 Euro zur Verfügung. Hinzu kommen 300 000 Euro eigene Einnahmen. Wann immer Sonderausgaben anstehen, springt der zweite Verein ein, der für das Theater tätig ist: Der Förderverein. So finanzierte er für die neue Produktion „A Clockwork orange“ die 8 000 Euro für die Kopfmikrofone der Schauspieler, die sie für diese Inszenierung benötigen. Heute Abend ist Premiere.

Praktische Hilfsaktionen

Auch die Mitglieder des Trägervereins springen mit ganz praktischen Hilfsaktionen dem stetig wechselnden Ensemble bei, zum Beispiel durch die Vermittlung von Bühnenarbeitern über die gemeinnützige Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration (SBR), deren Geschäftsführer Manfred Kaul im Trägerverein sitzt. Wie er bringen alle seine Mitglieder ihre beruflichen und persönlichen Kontakte ein, betont Schmid. „So können wir ein Netzwerk für das Theater knüpfen“, sagt Schmid. „Und wichtig für einen Verein wie den unseren ist auch, dass wir uns alle persönlich gut verstehen.“

Alle großen Fraktionen sind im Trägerverein vertreten, um das Theater zu verwalten und zu unterstützen – eine Konstruktion, die vor vielen Jahren auf ausdrücklichen Wunsch des Gemeinderats so eingeführt wurde. Seit 1993 hat das Theater der Altstadt seinen Sitz im früheren „Theater im Westen“. Das war durch den Wegzug seiner Intendantin Heidemarie Rohweder verwaist und das Theater der Altstadt bekam so nach 20 Jahren einer Existenz im Untergrund unter dem Charlottenplatz endlich einen komfortablen Spielort. Die Urzelle des Theater der Altstadt hatte bis 1969 in der Brennerstraße in einem Holzgebäude ihren Sitz. Dieses brannte 1969 ab und das Theater wanderte in die Räume unter den Charlottenplatz. Von 1993 bis 1999 bespielte es zusätzlich die Bühne im Westen, hatte aber nur einen Etat. Susanne Heydenreich, die Tochter des Theatergründers Klaus Heydenreich, wurde 1993 unter 49 Bewerbern zur Intendantin gewählt und ist seither die künstlerische Leiterin. „Zu 150 Prozent“, wie Schmid beteuert.