Sie war das schwäbische Herz des Fernsehens: Am Freitag wäre Trudel Wulle 100 geworden. Erinnerungen an eine Schauspielerin, die ihr Können mit Witz, Wärme und Bescheidenheit verband.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

„Schultheiß“ – so meldete sie sich stets am Telefon. Denn Trudel Wulle war mit Walter Schultheiß verheiratet. Trotzdem behielt sie in der Öffentlichkeit immer auch ihren alten Namen, unter dem die Schwaben sie verehrten und liebten. Auf dem Friedhof in Wildberg steht am Grab „Gertrud Schultheiß“. Die Ur-Schwäbin mit Herz und knitzem Humor ist vor vier Jahren gestorben. Von ihren Landsleuten wurde sie verehrt, als wäre sie Teil der eigenen Familie.

 

Zur echten Familie zählt ihr in Stuttgart lebender Großneffe Konstantin Wulle. „Mit ihrem Walter hat Tante Trudel Wulle unvergessliche Sketche auf die Bühne gebracht“, sagt der junge Architekt und Partyveranstalter, „sie hat mir gezeigt, dass Humor das beste Geschenk ist, das man anderen machen kann.“

Bescheidenheit und Herzlichkeit zeichneten sie aus

An diesem Freitag wäre Trudel Wulle 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erinnern wir an ein Leben voller Humor, Hingabe und großer künstlerischer Leistungen. Die beliebte Volksschauspielerin ist am 21. November 2021 im Alter von 96 Jahren gestorben. Das SWR-Fernsehen würdigt die unvergessene Schwäbin mit zwei Sendungen, die an diesem Sonntag ausgestrahlt werden.

Trudel Wulle und Walter Schultheiß waren eng miteinander verbunden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Beim Telefonieren mit ihr, selbst im hohen Alter, war der Witz stets präsent. Zwei Rollatoren, nach schnellen Autos benannt, standen in ihrem Schwarzwälder Heim bereit: „Nehm i den Mercedes oder den Ferrari?“ scherzte sie. Zusammen mit ihrem Mann Walter Schultheiß, der mittlerweile 101 Jahre alt ist, ihrem Sohn Götz Schultheiß, dessen Frau und kleinen Zwillingen, verbrachte sie hier ihre letzten Lebensjahre. Bescheidenheit und Herzlichkeit zeichneten sie aus – ebenso wie ihre tiefe Verbundenheit mit der Heimat Heilbronn: „Immer träume ich von Heilbronn und den Düften der Lindenallee und Kastanien und gehe die Straßen wie sie damals waren.“

Trudel Wulle wurde 1925 in Heilbronn geboren. Ein schwerer Schicksalsschlag traf sie im Zweiten Weltkrieg: Bei der Bombardierung von Heilbronn 1944 verloren ihre Eltern ihr Leben. Noch im Krieg half sie den Diakonissen einer Kinderklinik in Kirchheim Teck. Nach Kriegsende arbeitete sie zunächst im Reutlinger Kreiskrankenhaus, bevor sie sich wieder der Schauspielerei zuwandte.

Schultheiß und Wulle in der Serie „Köberle kommt“. Foto: SWR

Von 1945 an trat sie in Heilbronn auf, von 1947 bis 1948 war sie Mitglied des Stuttgarter Volkstheaters, wo sie ihren späteren Ehemann Walter Schultheiß kennenlernte. 1950 heiratete das Paar – und genoss eine lebenslange Partnerschaft, geprägt von Zuneigung, Humor und gemeinsamen Auftritten. Mit Sohn Götz, dessen Frau und den kleinen Zwillingen lebt Trudel Wulle bis zu ihrem Tod im gemeinsamen Haus in Wildberg im Schwarzwald.

Über Jahrzehnte wirkte sie in rund 1000 Bewegtbild- und Hörspielproduktionen mit – von Fernsehserien über Spielfilme bis zu Hörspielen. Besonders bekannt wurde sie durch ihre Rollen in Sketchen und Serien wie „Köberle kommt“, „Der Eugen“ oder „Der König von Bärenbach“.

Ihre helle, unverwechselbare Stimme, der liebevolle Witz und ihre Natürlichkeit machten sie zum Publikumsliebling. SWR-Intendant Kai Gniffke bezeichnete Trudel Wulle als „langjährige, treue Begleiterin“ des Senders, als „echtes schwäbisches Urgestein“ und „eine großartige Schauspielerin und Künstlerin, die die Menschen nicht nur im Südwesten bis ins hohe Alter begeistert hat“.

2017 spielte sie eine Agentin im Kinofilm zu „Laible und Frisch“

Ihr letzter großer Kinofilm war „Laible und Frisch – Do goht dr Doig“ (2017), produziert von Frieder Scheiffele. Darin glänzte Trudel Wulle als Agentin und IT-Spezialistin - eine Rolle, die an Mrs. Packard aus dem Disney-Zeichentrickfilm „Atlantis - das Geheimnis der verlorenen Stadt“ angelehnt war.  Scheiffele erinnert sich: „Als Künstlerin ist Trudel eine fantastische Schauspielerin und Sprecherin und als Privatperson ein liebenswürdiger, engagierter Mensch ohne Allüren.“ Im Beruf trat sie auch häufig in zweite Rollen zurück, weil die Familie vorging und sie sich um ihren  Sohn kümmern wollte. Ihrem Götz verdankte sie im wahren Leben die späte Großmutterrolle, die ihr im hohen Alter große Freude bereitete.

Über das Älterwerden sagte sie: „Man hat’s net im Griff.“ Und dennoch zeigte sie, dass Humor und Liebe die zentralen Begleiter ihres Lebens waren.

Das SWR-Fernsehen würdigt am Sonntag Trudel Wulle

Der SWR würdigt Trudel Wulle zu ihrem 100. Geburtstag mit einer Sondersendung am Sonntag, 12. Oktober. Um 12.30 Uhr läuft das Porträt „Trudel Wulle – Eine schwäbische Volksschauspielerin“, produziert von Schwabenlandfilm. Um 13.30 Uhr folgt „Der doppelte Eugen“: (Film von David Spaeth, Produktion: Schwabenlandfilm GmbH)

Trudel Wulle bleibt unvergessen – eine Ur-Schwäbin mit Herz, Humor und einem Leben voller Leidenschaft für die Bühne und ihre Mitmenschen. Mit ihrem Namen sind viele Erinnerungen verbunden.