Einer der schwersten Brände in der Geschichte Stuttgarts liegt nun 90 Jahre zurück. Für elf Tage stand das Alte Schloss in der Weihnachtszeit von 1931 in Flammen. Erinnerungen an eine Katastrophe, bei der drei Feuerwehrleute starben und die Schaulustige in Massen angelockt hat.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Drei Tage vor Heiligabend des Jahres 1931 ist es in Stuttgart mit aller Vorfreude auf Weihnachten vorbei. „Das Alte Schloss wird nie wieder sein, was es war“, schreibt die „Württemberger Zeitung“. Ein „furchtbares Unglück“ treffe das „ganze Land“, unschätzbare Kulturgüter seien für immer verloren, beklagt das Blatt.

 

Am 21. Dezember 1931 haben gegen 8.30 Uhr Polizisten in ihren Amtszimmern Rauch bemerkt, der sich rasch verzieht. Noch bleiben alle ruhig. Doch bald darauf entwickelt sich ein dicker Qualm, und exakt um 10.39 Uhr klingelt bei der Feuerwehr die Alarmglocke. Die Einsatzkräfte, die mit Drehleiterwagen und Löschfahrzeug anrücken, stehen ratlos vor dem Schloss – noch können sie von außen keine Rauchentwicklung sehen. Drinnen bietet sich ein schreckliches Bild: Im dritten Stock schlagen ihnen aus der Zwischendecke, die zur Dämmung mit Getreidespreu gefüllt war, Flammen entgegen.

Die Rede ist vom „Eiszapfeschloss“

Die kilometerweit sichtbare Rauchwolke lockt nach Schätzungen bis zu 30.000 Schaulustige an, die mitansehen mussten, wie das Wahrzeichen des alten Württemberg teilweise niederbrennt. Eisig kalt ist es in Stuttgart. Das wegen der Minusgrade an verbrannten Mauern und Balken gefrorene Löschwasser bietet den Betrachterinnen und Betrachtern einen spektakulären Anblick. Später ist die Rede vom „Eiszapfeschloss“. Im Laufe der Jahrhunderten ist das Alte Schloss, einst Wohnsitz der Mächtigen, immer wieder umgebaut worden, weshalb es im betroffenen Dürnitzbau-Flügel zahlreiche Hohlräume in Wänden und Decken gibt.

Eugen Zügel hält das unfassbare Geschehen mit der Kamera fest. Sein Enkel Marcel Zügel hat die historisch bedeutsamen Fotodokumente seines Großvaters unserer Zeitung anvertraut. Vor dem Alten Schloss stehen Buden des Weihnachtsmarktes. „Obacht“, ist auf einer Werbetafel zu lesen, „hier sind die richtigen Berliner Kravatten“. Das Stück für eine Mark.

Geschäftssinn am Ort der Brandkatastrophe

Eine weißlich-gelbe Rauchwolke liegt über der gesamten Innenstadt. Auf der Facebook-Seite unseres Stuttgart-Albums schreibt Gerhard Pfeiffer: „Bereits drei Tage vor der Alarmierung der Feuerwehr wurde ein Kaminfeger wegen unerklärlichem Brandgeruch mit der Untersuchung beauftragt.“ Beate Hampe kommentiert in unserem Internetportal: „Das ist entsetzlich, was des Feuers Macht anrichten kann. Leider steigert sich diesbezüglich der Leichtsinn mancher Menschen.“

Direkt vor dem Brand des Alten Schlosses, der am 21. Dezember begonnen hat und erst nach Weihnachten gelöscht werden kann, beweist sich Geschäftssinn. Am ständig von Schaulustigen belagerten Unglücksort werden eilig gedruckte Postkarten und Broschüren verkauft mit Fotos oder Zeichnungen vom Schloss in Flammen.

Was war die Ursache für den Brand?

Untersuchungen der Ermittler ergeben später, dass ein beschädigter, nicht kontrollierter Kamin die Brandursache ist. Heftige Kritik wird an der Feuerwehrleitung geübt. Dem Branddirektor wirft man vor, das Feuer unterschätzt und die falsche Einsatztaktik verfolgt zu haben. Im Januar 1932 wird damit begonnen, Geld für den Wiederaufbau des Schlosses zu sammeln. Die Restauration ist noch nicht abgeschlossen, als das Schloss im Zweiten Weltkrieg 1944 durch Bombenangriffe erneut zerstört wird.

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