Seit Jahren herrscht auf dem Marktplatz in Stuttgart gastronomische Leere, was oft kritisiert worden ist. Dies ändert sich nun. Den Anfang macht Breuninger. Das Stuttgart-Album erinnert an das Café Scholz und andere, die den Platz belebten.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Urlaubsgefühle vor dem Stuttgarter Rathaus! Rasch ist das Café Scholz zu einem der beliebtesten Treffpunkte der Stadt geworden, als es im Jahr 2004 rote Sonnenliegen auf den Marktplatz stellte. „Stuttgart hat ein Stück Paris“, schwärmte damals in einer Umfrage unsere Zeitung eine Besucherin und zählte die Pluspunkte auf: „Man kann sich hier entspannen, etwas trinken und sogar das Glockenspiel im Rathausturm höher. Ein super Wohlfühlort ist entstanden.“ Ein weiterer Besucher ergänzte: „Das Scholz ist nicht mit anderen Cafés zu vergleichen. Man fühlt sich hier wie im Süden. Wie in einer großen Stadt in Frankreich. Man kann einen Kaffee trinken und Zeitung lesen – das Glück ist perfekt!“

 

2014 hat das Café Scholz am Marktplatz geschlossen

Zehn Jahre später war Schluss mit dieser Idylle. Im Jahr 2014 lohnten sich die Geschäfte für die Betreiber nicht mehr. Sie zogen auf den Killesberg hoch, wo der gastronomische Erfolg ausblieb und sie Insolvenz anmelden musste. Im früheren Café Scholz am Marktplatz verkauft heute die Marke Thomas Sabo seinen Schmuck auf 114 Quadratmetern – der Ort am Rathaus geriet zum gastronomischen Notstandsgebiet. Die wohl einzige Großstadt in Deutschland, die kein Café am Marktplatz hat, war damit Stuttgart. Im Facebook-Forum unseres Stuttgart-Albums ist deswegen viel Spott und Kritik darüber zu lesen.

„Es ist sehr traurig“, schreibt Kommentator Thomas Horn, „aber Stuttgart hat heute den hässlichsten Marktplatz in ganz Deutschland.“ Mit der Umgestaltung soll sich dies nun ändern. Auch gastronomisch soll der zentrale Platz der Stadt aufgewertet werden. Am Freitag macht Breuninger den Anfang mit dem Cotidiano. Weitere Außenplätze, etwa von den neuen Pächtern des Ratskellers, sollen folgen. Als die Familie Brunner im Sommer 1996 den Ratskeller übernommen hatte, stellte sie erst einmal schlichte Stühle und Klapptische auf den Marktplatz. In einer Stadt sollte nicht nur Hektik und Betriebsamkeit herrschen, hörte man. Eine Stadt müsse auch mal zur Ruhe kommen – etwa bei einer Tasse Kaffee im Freien.

Wer erinnert sich an die Bars Prärie, Kleine Freiheit und Bubbles?

Auf der Rathausseite gab es in den vergangenen Jahren mehrere Versuche, gastronomisch Fuß zu fassen – doch meist mit mäßigem Erfolg. Ob die Bars auf der Terrasse am Rathaus nun Prärie, Kleine Freiheit oder Bubbles mit einem kleinen Innenbereich hießen – gegen das brummende Scholz auf der anderen Seiten hatten sie keine Chance. Obendrein war auch die Sonne nicht auf ihrer Seite. Während nach 12 Uhr die Terrasse am Rathaus im Schatten lag, war das Café mit den Liegen meist von der Sonne verwöhnt.

Am Freitag startet das Cotidiano, das sich „Nachbarschaftsrestaurant“ nennt, in der früheren Bankfiliale von Breuninger mit einem noch kleinen Außenbereich. Das 2012 gegründete Systemgastro-Unternehmen mit Sitz in München will ganztägig einladend wie „ein zweites Wohnzimmer“ sein. Corona macht alles schwieriger. Und noch dazu ist der Blick auf die Riesenbaustelle des Marktplatzes, der in den nächsten zwei Jahren umgestaltet wird, nicht gerade eine Augenweide. Aber viele Stuttgarterinnen und Stuttgart freuen sich, dass endlich der Anfang gemacht wird, um an schöne Erinnerungen ans Scholz anzuknüpfen.

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