Kunsthandwerk ist regional und nachhaltig. Ausgerechnet Baden-Württemberg will als Technologieland nichts davon wissen. Jetzt regt sich Widerstand.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Wenn Ute Kathrin Beck erzählt, dass sie Innenarchitektin ist, sind die Menschen meist voller Respekt. Verrät sie dagegen, dass sie töpfert, erntet sie allenfalls ein abfälliges Lächeln. Kunsthandwerk hat keinen guten Ruf. Ob Glasvase oder Metallschale, Holzschüssel oder Ledertasche – Produkte, die liebevoll von Hand gefertigt wurden, haben es schwer. „Kunsthandwerk steht in keinem guten Licht“, sagt Beck – und ärgert sich, dass viele Kunstrichtungen mitunter sogar üppig gefördert würden, sich für Kunsthandwerk aber kaum noch jemand interessiere.

 

Baden-Württemberg schaut lieber in die Zukunft

Trotzdem hat sie mit weiteren Mitgliedern des Bunds der Kunsthandwerker nun eine Ausstellung im Haus der Wirtschaft auf die Beine gestellt, die den Versuch unternehmen will, das Kunsthandwerk gerade hierzulande wieder ins Bewusstsein zu rücken. Denn während Bayern oder in Hannover das Kunsthandwerk hochgehalten werde, finde man in Baden-Württemberg „keinerlei Unterstützung“, so Beck. „Als Technologieland setzt man seine Gelder lieber für Fortschritt ein.“ Der Bund der Kunsthandwerker, der 1947 gegründet wurde, lebt in Baden-Württemberg deshalb nur „von liederlichen Mitgliedsbeiträgen“ – und stemmt sich dennoch wacker gegen den Trend.

Handwerk ist nachhaltig – Massenware aus Fernost nicht

Die Ausstellung „Achtung: Kunsthandwerk“ im Haus der Wirtschaft will bewusst machen, dass selbst gemachte Produkte aus Leder, Stein oder Textil einen wichtigen Beitrag leisten können in einer Welt, in der Nachhaltigkeit doch immer dringlicher wird. Trotzdem werde auch an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart das Handwerk kaum noch gelehrt. „Es gib keine Keramikwerkstatt mehr“, sagt Beck. „Aber auch Korbflechten oder Glasblasen wird es in fünf Jahren nicht mehr geben und niemand kann es mehr ausbilden.“ Beck ist übrigens auch ausgebildete Baukeramikmeisterin und kann sogar noch einen Kachelofen bauen. Seit 1996 betreibt sie in Stuttgart eine Keramikwerkstatt und fertigt Vasen – auch wenn sie weiß, dass die Menschen die lieber bei Ikea für 49 Cent kaufen. „Dafür kriege ich nicht mal den Ton“, sagt sie.

Auch die Kunstakademie hat Werkstätten längst geschlossen

Aber Qualität kostet eben

Die Objekte in der Ausstellung kommen auch aus dem Ausland

Für die Ausstellung hat der Verband übrigens doch ein Sponsor gefunden, sodass man nun nicht nur Objekte von hiesigen Kunsthandwerkern vorstellen kann, sondern auch Gäste aus dem Ausland eingeladen hat. Es gibt auch mehrere Diskussionsrunden – und besonders freut sich Beck, dass es gelungen ist, von einer ukrainischen Kunsthandwerkerin Keramiken ausstellen zu können. Sie kamen freilich nicht aus dem Kriegsgebiet, sondern wurden von einer deutschen Sammlerin zur Verfügung gestellt.

Achtung: Kunsthandwerk. Bis 9. April, geöffnet Dienstag bis Samstag 10 bis 18 Uhr