Eckart Schultz-Berg wird an der Universität Greifswald Gasthörer.

Bad Cannstatt - Seine Kinder finden es spannend, sagt Eckart Schultz-Berg. Der 59-jährige Dekan des Kirchenbezirks Bad Cannstatt wird nochmals Student. „Dann sind wir vier Studierende in der Familie“, stellt er verschmitzt fest. Vom 1. April bis zum 15. Juli wird er an der Universität Greifswald Gasthörer. Er ist einer von zehn Bewerbern in Württemberg, die einmal in ihrem Berufsleben diese Möglichkeit bekommen haben. Der Personaldezernent im Oberkirchenrat hatte positiv über seinen Antrag befunden.

 

Schultz-Berg hat bereits eine Zwei-Zimmer-Wohnung in einem Plattenbau in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) angemietet, wie er erzählt. Seine Frau, sie arbeitet als Logopädin, wird einen Teil ihres Jahresurlaubs bei ihm verbringen. Und während er fern der Heimat studiert, werden ihn Pfarrer Florian Link und im Dekanatsamt die Pfarrer Olaf Creß aus Bad Cannstatt und Pfarrer Wilhelm Kautter aus Hedelfingen vertreten.

Welche Rolle spielt Religion und Glaube?

Die Universität Greifswald hat drei Sonderforschungsschwerpunkte: die Kirche in säkularer Gesellschaft, die Kirche in der säkularen Stadtgesellschaft und das Berufsbild des Pfarrers. Der Dekan will sich mit der Frage beschäftigen, welche Rolle in der modernen Gesellschaft die Religion und der Glaube spielt. „Die Forschungen sind bewusst in Mecklenburg-Vorpommern, dem säkularsten Teil Deutschlands“, sagt der 59-Jährige. Er wird an der Uni bei Professor Herbst und seinen Mitarbeitern und Assistenten sein.

„Ich mache es, weil es für Stuttgart interessant ist in einer pluralen, vielfältigen Stadt“, so Schultz-Berg. Und so hofft er auf Anregungen für seine Stadt. Kirchenaustritte seien nicht das Thema. Die Zahlen würden zwar drastisch zurückgehen durch den demografischen Wandel und es gebe mehr Menschen, die sterben und wenig Nachwuchs. Es gehe nicht darum, Austritte zu verhindern, sondern, was angeboten werden müsse, dass die Kirche für junge Menschen attraktiv ist. „Was braucht ein moderner, multivernetzter Mensch“, fragt der Dekan. Da erhofft er sich Erkenntnisse und Ideen.

Pfarrer mit Sieben-Tage-Woche

Ein weiteres Thema, was ihn beschäftigen wird, ist das Berufsbild des Pfarrers, das sehr vielfältig ist und zeitlich nicht abgegrenzt von der Geburt bis zur Beerdigung, von Montag bis Sonntag. Die Pfarrer hätten arbeitsrechtlich eine Sieben-Tage-Woche. Gleichzeitig veränderten sich die Arbeitsbedingungen. Mit wissenschaftlichen Methoden, Psychologen und Soziologen wird das Berufsbild nun angeschaut. Es soll gestärkt untersucht werden, wo es nicht sehr zeitgemäß ist. Der Pfarrberuf habe heute eine viel komplexere Herausforderung zu bewältigen und sei sehr vielschichtig geworden. So würden die Forscher in Greifswald untersuchen, inwieweit dies strukturell zu Überlastungen und Überforderungen führe. So soll geschaut werden, was es braucht, um den Beruf gesund ausüben zu können.

Schultz-Berg ist für etwa 30 Pfarrer samt Vikare zuständig. Da könne in dem Punkt beispielsweise über Dienstpläne nachgedacht werden, wie Wochenendbereitschaften gestaltet werden. Oder über Fragen, wie man es in Zusammenhang bringt, wenn der Partner von Montag bis Freitag arbeitet und der Pfarrer am Samstag Hochzeiten durchzuführen hat, Gemeindefeste veranstaltet und Gottesdienst am Sonntag hält, dass der Beruf Freude macht und nicht zur Last wird. Es habe viel mit der inneren Einstellung zu tun, sagt Schultz-Berg. Diese Fragen findet er interessant, auch, inwiefern die Verwaltung entlasten kann, dass die Pfarrer wieder zu ihren eigentlichen Aufgaben kommen. Wichtig sind ihm auch neue Gestaltungsmöglichkeiten. Auch will er sich mit Umweltethik an der Uni beschäftigen. „Ich gehe neugierig hin“, sagt er.