Die Tage der Vinzenz-Pallotti-Kirche in Stuttgart-Birkach sind gezählt. Im Herbst sollen die Abrissbagger kommen. Es ist die zweite Kirche in Stuttgart überhaupt, die aufgegeben wird. Anwohner haben diese Pläne in den vergangenen Jahren heftig kritisiert.

Birkach - Der Abschied von der Vinzenz-Pallotti-Kirche wird schmerzlich, sagt Pfarrer Stefan Karbach. Er ist seit Ende vergangenen Jahres als Pfarrer auch für Birkach zuständig. „Ich bin noch neu. Aber mir ist klar, dass an einer Kirche auch viele Lebensgeschichten hängen. Da gab es zum Beispiel viele Taufen“, meint er. Die Birkacher haben am Sonntag, 15. Oktober, zum letzten Mal Gelegenheit, in der Pallotti-Kirche an der Aulendorfer Straße Gottesdienst zu feiern. Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, wird dann ein sogenanntes Profanierungsdekret verlesen. Damit wird die Kirchweihe aufgehoben. Liturgische Gegenstände werden danach aus der Kirche getragen. Sie verbleiben bei der Gemeinde und werden in die Hohenheimer Kirche Sankt Antonius transportiert. „Wir fangen erst an, den Profanierungsgottesdienst zu planen“, sagt Karbach.

 

Nach der Zeremonie wird die Kirche keine mehr sein. Sie ist dann nur noch ein Gebäude, das die Bagger abreißen dürfen, ohne dass sie ein Sakrileg, also ein Vergehen gegen Heiliges, begehen.

Die Sanierung der Kirche war als zu teuer verworfen worden

Die Profanierung der 1966 geweihten Kirche ist die zweite in Stuttgart überhaupt. Im vergangenen Jahr im Mai gab es in der Kirche Sankt Peter in Bad Cannstatt den letzten Gottesdienst. An ihrer Stelle wurde eine neue Kirche gebaut. Die Pallotti-Kirche soll hingegen einem Bauprojekt des Siedlungswerks weichen. Das bischöfliche Ordinariat gab das Kirchenareal 2013 zur Standortentwicklung frei. Zuvor war die nötige Sanierung als zu teuer verworfen worden. Die Kirche wurde ohnehin kaum noch genutzt. Das Siedlungswerk präsentierte darauf seine Pläne. Das zu 75 Prozent vom Bistum Rottenburg-Stuttgart getragene Wohnungsunternehmen will 64 Eigentumswohnungen auf dem Areal bauen. Sie sollen in sechs Gebäuden Platz finden. In einem weiteren Gebäude soll es Wohnungen für Asylbewerber sowie für Flüchtlinge mit Bleiberecht und Studenten geben.

Das Vorhaben soll ergänzt werden durch ein Gebäude mit drei Geschossen, in dem eine vierzügige Kindertagesstätte untergebracht werden soll. Das höchste von den acht Gebäuden des geplanten Quartiers soll dabei 24 Meter hoch sein und mit seiner Höhe an die Pallotti-Kirche erinnern. Auf dem Pallotti-Areal soll es auch künftig Gottesdienste für die Birkacher Katholiken geben. Franziskanerinnen sollen die geplante Kapelle betreuen.

Nach Angaben des Siedlungswerks sollen die Abrissarbeiten an der Pallotti-Kirche zügig nach dem Profanierungsgottesdienst am 15. Oktober beginnen. Im Moment werde der Beginn des Abrisses für Ende Oktober anberaumt, sagt ein Mitarbeiter des Siedlungswerks.

Anwohner in Stuttgart-Birkach kritisieren die Pläne

In den vergangenen Jahren hatte die Diskussion um die Zukunft der kaum noch genutzten Kirche die Gemüter der Birkacher Katholiken bewegt. Während sich die Gemeinde und die meisten Kirchengemeinderäte hinter das Projekt stellten, wurde bei Informationsveranstaltungen von Anwohnern viel Kritik am Abriss der Kirche und dem geplanten Wohnquartier auf dem Pallotti-Areal laut. Kritisiert wird auch heute noch die Höhe der geplanten Gebäude. Kritiker bezeichnen das mit 24 Metern höchste Gebäude als „Hochhaus“, das aus ihrer Sicht das Landschaftsbild am Ortsrand von Birkach beeinträchtige. Anwohner fordern bis heute, dass das Siedlungswerk niedriger bauen soll. Stadt und Siedlungswerk verweisen jedoch immer wieder auf bestehende Baupläne.

Matthias Lutz, Vorsitzender des Birkacher Bürger- und Kulturvereins, gehörte in der Vergangenheit zu den Kritikern der Pläne. Er zeigt sich optimistisch, dass die Diskussion um die Höhe der Gebäude in dem geplanten Wohnquartier noch nicht beendet ist. Da sei noch einiges im Fluss, meint er. Er sei persönlich gegen den Abriss der Kirche gewesen, meint Lutz. Auf der anderen Seite sei die Kirche schon lange verwaist gewesen. „Es ist aber dennoch ein Verlust für Birkach“, meint er.