Von Oktober 2019 an werden die rund 1700 Parkplätze rund um die Universität Hohenheim kostenpflichtig. Die Menschen, die rundherum in Stuttgart-Birkach und Stuttgart-Plieningen wohnen, befürchten: Ab dann werden die Straßen bei ihnen noch voller.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Birkach - Der junge Mann im roten Alfa Romeo mit dem Ravensburger Kennzeichen kommt wie bestellt: Er stellt sein Auto direkt vor dem Haus von Werner Vorderwühlbecke an der Egilolfstraße in Birkach ab. Auf dessen Frage „Student?“ nickt der junge Mann nur schüchtern. Die Frage scheint ihn verunsichert zu haben; ein paar Minuten später parkt er sein Auto um und stellt es 100 Meter weiter den Berg hinab ab.

 

Unterdessen läuft ein anderer junger Mann mit Koffer und Rucksack vorbei; vermutlich ein Student, der über das Wochenende verreist war und nun in sein Wohnheim zurückkehrt. Auch er stellt seinen Wagen an der Egilolfstraße ab.

Vor zehn Jahren hat Werner Vorderwühlbecke gemeinsam mit seiner Frau ein Haus an der Egilolfstraße gekauft; nur wenig entfernt von der Universität Hohenheim. Er schätzt die Nähe zum Campus: „Ich finde es toll, dass die Uni immer mehr für die Bürger anbietet; Konzerte und Ähnliches“, sagt er. „Keiner von uns Nachbarn ist gegen die Uni, ganz im Gegenteil. Wissenschaft ist ein hohes Gut, und die Uni gibt Birkach und Plieningen eine Struktur.“

Von montags bis freitags wird dicht geparkt

Doch seit einer gewissen Zeit macht sich Werner Vorderwühlbecke Sorgen: Der 67-Jährige beobachtet, dass die Parksituation immer angespannter wird. Und seit er erfahren hat, dass das Land zum kommenden Wintersemester ein Parkraummanagement für die rund 1700 Stellplätze rund um die Uni Hohenheim einführen will, sind seine Sorgen gewachsen: „Wenn die Studenten künftig 25 Euro monatlich oder drei Euro am Tag fürs Parken bezahlen, dann stellen die ihre Wagen natürlich erst recht bei uns ab.“ Auf Dauer funktionierte das aber nicht, sagt er. Bereits jetzt würde rund um die Uni von montagnachmittags bis freitags sehr dicht geparkt werden. „Nicht alle Anwohner haben einen Parkplatz auf ihrem Grundstück oder eine Tiefgarage. Auch wir brauchen die Straße zum Parken.“

Was ihn besonders stört, sind die unterschiedlichen Maßstäbe, die die Stadt ansetzen würde: So ist zum Beispiel an der Kreuzung Fruwirthstraße/Welfenstraße ein neues Studentenwohnheim mit 102 Wohnplätzen geplant. Für die Studenten sind nur 27 Stellplätze vorgesehen. Und diese Parkplätze entstehen auch nicht neu, sondern sind in der Tiefgarage des Gebäudes an der Welfenstraße 80, das die Universität von der Geno-Akademie gekauft hat. „Warum müssen die Universität und das Studierendenwerk verhältnismäßig so viel weniger Parkplätze schaffen als Privatmenschen?“, fragt sich Werner Vorderwühlbecke.

Uni Hohenheim darf keine neuen Parkplätze schaffen

Wer als Privatperson in Stuttgart ein neues Haus baut, muss mittlerweile für jede Wohneinheit einen Stellplatz nachweisen, es sei denn, örtliche Bauvorschriften geben etwas anderes vor – was in Stuttgart jedoch selten vorkommt. Bei einem neuen Studentenwohnheim muss unterdessen nur ein Stellplatz für sieben Wohnplätze nachgewiesen werden. Unterschiedlich geregelt sind auch die Ausnahmefälle: Wer aus irgendwelchen Gründen keine Stellplätze nachweisen kann, kann diese in der Regel durch eine Geldzahlung ablösen – dies gilt jedoch nicht beim Neubau von Wohnungen.

Das versteht Werner Vorderwühlbecke nicht. Ebenso nicht nachvollziehbar für ihn ist, warum die Uni nicht zum Beispiel einen Teil des Ackers zwischen der Egilolfstraße und dem Campus zu einem Parkplatz umbaut, um die Parkplatznot zu lindern. Die Wiese gehört der Uni – und zumindest seiner Beobachtung nach wird zwar ein Teil davon für Versuche genutzt, jedoch längst nicht der gesamte Acker.

Doch auch wenn die Uni aus einem Teil des Ackers einen Parkplatz machen wollen würde, so darf sie das nicht. Derzeit genehmigt die Stadt Stuttgart keine neuen Parkplätze für die Universität Hohenheim. Obwohl diese in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist, hat der Campus laut den Vorgaben des Baurechtsamtes bereits mehr Parkplätze als nötig. Die Stadt kam bei einer Zählung im Jahr 2014 auf 1695 Stellplätze. Mindestens vorhanden sein müssen lediglich 1431 Plätze, sagt eine Sprecherin der Stadt.

Freie Plätze sollen geschottert werden

Um die Parkplatznot zumindest etwas zu entschärfen, plant die Uni, freie Baufelder rund um den Campus zu schottern und interimsweise als Parkplätze zu nutzen; zum Beispiel die Fläche, auf der früher die Gewächshäuser standen. Außerdem sollen jene Parkplätze, die speziell für einzelne Mitarbeiter reserviert sind, reduziert werden. Künftig sollen die Plätze allen gleichermaßen zur Verfügung stehen.

Werner Vorderwühlbecke wünscht sich, dass die Bürger aus Plieningen und Birkach noch einmal mit Vertretern der Universität Hohenheim ins Gespräch kommen können. „Wir müssen zusammen überlegen, was man machen kann, damit die Gegend rund um die Uni nicht völlig zugeparkt wird“, sagt er. Es gab zwar im vergangenen Jahr schon einmal ein solches Gespräch, doch das lief aus seiner Sicht nicht besonders glücklich: „Wir Nachbarn hatten nicht das Gefühl, dass unsere Interessen verstanden wurden.“