In Heidis Wollelädle in Stuttgart-Birkach gibt es seit Kurzem ein Café. Zwischen Garn und Stricknadeln werden Torten und Cappuccinos serviert. Die Geschäftsidee kommt an, hat aber auch einen ernsten Hintergrund.

Birkach - Ein Shop im Shop? Das Konzept kennt man ja. Heidi Käser reicht das nicht. Seit Kurzem führt sie einen Shop im Shop im Shop. In ihrem Wollelädle wird man seit zehn Jahren auch an einem Postschalter bedient, und seit Neuestem gibt es in den Räumen im Birkacher Zentrum das Kuchenstüble. Seit wenigen Wochen werden zwischen Knäueln und Stricknadeln Kuchen und Torten serviert, dazu gibt es heiße und gekühlte Getränke. Die Idee: Zu den Handarbeitstreffs, die hier ohnehin regelmäßig stattfinden, gibt’s nun auch etwas zum Naschen. „Wir hatten uns das schon lange überlegt. Wir brauchten was, damit die Leute sich hinsetzen können“, sagt Heidi Käser.

 

Das Gebäck kommt aus eigener Herstellung. Heidi Käsers Ehemann Bernd ist gelernter Konditor, hatte aber in den 1990ern auf Raumausstatter umgesattelt. Bis Ende 2015 hat er sein Geschäft am Ort geführt – bis eine schwere Erkrankung diese Karriere zerstört hat. Heute ist der 54-Jährige schwerbehindert, als Raumausstatter kann er nicht mehr arbeiten. Seinem Schicksal wollte sich der Ur-Birkacher aber nicht ergeben. Und nach dem Motto „Du musch ja was tun“ kam ihm und seiner Frau die Idee zum eigenen kleinen Café. Passenderweise ist die 56-Jährige ausgebildete Verkaufsleiterin im Bäckerhandwerk, und ebenso passenderweise hatte ein Bäcker wegen Geschäftsaufgabe Maschinen abzugeben.

Die Dekoration ist eigenhändig genäht

Die Rollenverteilung im Kuchenstüble ist klar. Bernd Käser kreiert im Untergeschoss Rhabarber-, Käse- und Johannisbeerkuchen, Schoko- und Schwarzwälder Kirschtorten und viele andere süße Versuchungen, Heidi Käser bedient hinter der Kühltheke und an den Tischen im Landhausstil. Selbstredend, dass sie die Deko eigenhändig genäht hat. Donnerstags bis samstags hat die Konditorei von 9 bis 18 Uhr geöffnet, der Betrieb im Wollelädle und in der Post läuft parallel. „Das macht richtig Spaß“, sagt sie.

Verhehlen will sie aber nicht, dass das neue Standbein und die Investition im fünfstelligen Bereich nötig gewesen waren, um langfristig als Paar auf sicheren Beinen zu stehen. „Mit Wolle und Post allein kannst du nicht überleben“, stellt Heidi Käser klar.

Die Stammgäste haben alle Kuchen durchprobiert

Bei der Kundschaft kommt das Stüble im Lädle an. Roswitha Maier und Ursula Rabe aus Steckfeld haben sich an diesem Morgen mit Cornelia Fuchs aus Plieningen mal wieder zum Stricken und Schwätzen getroffen, dass es dazu seit Kurzem Kaffee und Kuchen gibt, ist für Roswitha Maier „das i-Tüpfelchen“. Schon lange kommen die Frauen regelmäßig ins Wollelädle, jetzt finden sie die Treffen noch gemütlicher. Cornelia Fuchs ist an diesem Tag noch vor der Arbeit bei Heidi Käser eingekehrt. Zum kunstvollen Dreieckstuch, das sie momentan strickt, genießt sie einen Cappuccino, „das ist für mich entspannend“. Von den Kuchen ist das Trio begeistert, „wir haben schon alle durchprobiert“, sagt Roswitha Maier lächelnd, während sie an einem leuchtend bunten Kinderpullover arbeitet.

Die Käsers möchten ihre Gastronomie ausbauen. Ein paar herzhafte Snacks sollen dazukommen, außerdem möchte sich Bernd Käser langsam ans Geschäft mit Motivtorten auf Bestellung herantasten. „Ich muss es mir ein bisschen einteilen“, sagt er. Noch fehle ab und an die Kraft, zudem kann er allein schlichtweg nicht alles leisten. Was Heidi Käser aber jetzt schon auffällt: „Die Leute unterstützen uns. Mein Mann ist hier aufgewachsen. Viele kennen ihn.“