Seltsam: Seit zwei Jahren gibt es Geld für eine Machbarkeitsstudie, aber es wird nicht abgerufen. Deshalb kommt die Gestaltung der Ortsmitte in Stuttgart-Degerloch offenbar nicht voran. Es gibt Leute, die das nicht einfach so hinnehmen wollen.

Degerloch - Ein bisschen unbequem für die Verwaltung zu sein, schadet aus Sicht des Freien-Wähler-Stadtrats Jürgen Zeeb nicht. Die anstehenden Haushaltberatungen nennt er eine gute Gelegenheit, nachzubohren und Dinge schriftlich zu erhalten, die bisher aus seiner Sicht im mündlich Ungefähren verharren.

 

Das sei der Fall bei den Planungen der Stadt für die Degerlocher Ortsmitte und insbesondere bei der Frage, ob das Alte Wannenbad an der Leinfeldener Straße 63 ein neuer Standort für das Bürgerhaus Treffpunkt Degerloch sein könnte, meint er. „Wir wissen, dass die Stadt 50 000 Euro als Planungsmittel bereitgestellt hat im Doppelhaushalt 2016/2017. Da wollen wir jetzt genau wissen, warum diese Mittel nicht abgerufen werden“, erklärt Zeeb. Bekannt sei ihm, dass das Schulverwaltungsamt das Alte Wannenbad nicht hergeben möchte, weil in ihm Wohnungen für Hausmeister sind. Dies sei seiner Information nach für den Finanzbürgermeister Michael Föll ein Grund, die Machbarkeitsstudie nicht in Auftrag zu geben. „Aber genau da können wir was machen, wenn wir erst einmal genau wissen, ob das stimmt“, sagt Zeeb.

Erst müssten andere Gespräche zum Erfolg führen

Doch offenbar ist es gar nicht das Schulverwaltungsamt an der Bebelstraße, das der Machbarkeitsstudie für das Degerlocher Zentrum im Weg steht. Die Stadt teilt mit, dass es der Degerlocher Förderverein sei, mit dem erst Gespräche zum Erfolg führen müssten, bevor die Mittel für die Machbarkeitsstudie abgerufen werden könnten. „Die Alte Scheuer muss in das Konzept einbezogen werden, da die vorgesehenen Nutzungen nicht auf der Fläche des ehemaligen Wannenbads untergebracht werden können. Die Machbarkeitsstudie wird beauftragt, sobald die Rahmenbedingungen feststehen“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt. Für den Grünen-Bezirksbeirat Michael Huppenbauer ist es gar nicht so erstaunlich, dass die Planungen für die Ortsmitte aufgrund von Diskussionen zwischen Stadt und Förderverein nicht weiterkommen. „Ach so, der alte Hut“, sagt er, als er auf die Erklärung der Stadt angesprochen wird.

Nicht nur die Freien Wähler im Degerlocher Bezirksbeirat, sondern auch die Grünen haben Unterstützung aus dem Gemeinderat bekommen für ihre Forderung, mit der Umgestaltung der Ortsmitte voranzukommen. In ihrem Antrag wollen sie wissen, wie der Stand der Dinge bei der im Doppelhaushalt 2016/2017 vorfinanzierten Studie zur Realisierung einer Umnutzung des Alten Wannenbads ist. Sie formulieren ihren Antrag noch weiter und wünschen auch Planungsmittel im Doppelhaushalt 2018/2019 für eine Gestaltung des Agnes-Kneher-Platzes.

Die Verhandlungen seien eskaliert

Michael Huppenbauer von der Grünen-Bezirksbeiratsfraktion will wissen, dass die Auseinandersetzung zwischen der Stadt und dem Degerlocher Förderverein jüngst eskaliert sei. So habe die Stadt eine Enteignung der Alten Scheuer als Option erklärt, weil der Förderverein sich dagegen verwehrt hat, etwa das geplante Bürgerzentrum dort aufzunehmen. Laut Huppenbauer sei dies wieder vom Tisch, da der Förderverein seinerseits hohe Entschädigungsforderungen angekündigt hat. „Jetzt laufen da offenbar die Gespräche“, meint der Grünen-Bezirksbeirat. Er hofft, dass am Ende daraus der große Wurf für die Degerlocher Ortsmitte wird.

Der Freie-Wähler-Bezirksbeirat Ulrich Demeter ist derweil erstaunt über die Angelegenheit. Dass Diskussionen zwischen dem Förderverein und der Stadt um die Alte Scheuer die Planungen für die Ortsmitte verzögern würden, sei ihm neu. Unsicher sei er sich deshalb auch, ob der Haushaltsantrag der Freien Wähler im Gemeinderat noch sinnvoll ist. „Da muss ich mich erst besprechen“, sagt Demeter.

Grüne wollen Gesamtkonzept

Götz Bräuer, Vorsitzender des Fördervereins und CDU-Bezirksbeirat, erklärt, dass tatsächlich Gespräche zwischen der Stadt und dem Verein über eine Nutzung der Alten Scheuer für das Bürgerzentrum laufen. Bräuer sagt auch, dass die Stadt einen sogenannten Heimfall, also die erneute Übernahme der Alten Scheuer durch die Stadt, aufs Tableau gebracht habe, aber dass sie davon inzwischen wieder abgerückt sei. „Dafür gibt es keinen hinreichenden Grund“, sagt er.

Klaus Albert Maier vom Förderverein Degerloch bestätigt, dass der Stadt hohe Regressforderungen in den Gesprächen in Aussicht gestellt worden sind – für den Fall der Enteignung. „Das hat bei Herrn Föll offenbar ein Nachdenken bewirkt“, sagt Maier. Wie lange die Diskussionen nun andauern könnten, wollen weder Maier noch Bräuer abschätzen. Der CDU-Bezirksbezirksbeirat Bräuer äußert zudem Zweifel, ob die Argumentation der Verwaltung deren Motive vollständig abbildet. „Ich nehme es der Stadt aber nicht ab, dass die Gespräche mit uns der einzige Grund sind, warum sie die Mittel für die Machbarkeitsstudie nicht abrufen“, sagt Bräuer.