Durch das eindeutige Veto des Degerlocher Bezirksbeirats wird die rund um die Uhr besetzte Revierstation frühestens im Sommer 2018 zu einem Polizeiposten umgewandelt. Zugleich hat die Kriminalität im Bezirk abgenommen – die Unfälle wurden jedoch mehr.

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Degerloch - Als sich Martin Rathgeb Ende November 2016 erstmals den Degerlocher Bezirksbeiräten vorstellte, sorgte er sofort für Entrüstung. Rathgeb, der seit Juli 2016 das Polizeirevier in Möhringen leitet, erklärte den Degerlochern, dass sie voraussichtlich bis Ende 2017 keine Revierstation mehr in ihrem Bezirk haben würden, die rund um die Uhr besetzt sein würde. Die Station an der Karl-Pfaff-Straße 35 solle in einen Polizeiposten umgewandelt werden. Dabei machte Rathgeb keinen Hehl daraus, dass er diese Umwandlung eindeutig befürworte – ganz im Gegensatz zu den Degerlochern.

 

In der Sitzung der Bezirksbeiräte am vergangenen Dienstagabend konnte Rathgeb die Bezirksbeiräte nun minimal beruhigen: „Durch das Veto des Bezirksbeirates wird die Revierstation in Degerloch nun als letzte Station umgewandelt. Bis Sommer 2018 wird sie auf jeden Fall bleiben, möglicherweise noch länger.“ Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg nur noch drei Revierstationen, die sieben Tage die Woche, 24 Stunden besetzt sind. Allesamt befinden sich in Stuttgart: in Untertürkheim, dem Stuttgarter Süden und Degerloch. „Das ist ein Relikt von früher“, meinte Rathgeb.

Bei der Polizei herrscht Personalmangel

Durch die Umwandlung zu einem Polizeiposten wird es künftig keinen Wachhabenden mehr geben, der die ganze Nacht anwesend ist. Dieser aber helfe den Degerlochern derzeit auch nicht viel, erläuterte Rathgeb. Denn der eine Beamte dürfe die Revierstation nicht verlassen, sondern müsse immer Verstärkung anfordern.

Die Degerlocher Bezirksbeiräte kritisierten, dass durch den Wegfall der Revierstation die subjektive Sicherheit nachlasse: „Es geht eben auch um das Gefühl, das den Bürgern vermittelt wird“, argumentierte Götz Bräuer, der Sprecher der CDU-Fraktion. Daraufhin konterte Rathgeb: „Die Präsenz und Sichtbarkeit der Polizei hat nichts mit einem Gebäude zu tun.“ Aufgrund des personellen Mangels könnten die Beamten den Rund-um-die-Uhr-Dienst in Degerloch nicht mehr bewältigen. An die Bezirksbeiräte gewandt sagte er: „Ihr habt mit eurem Widerstand einen Erfolg erreicht: Ihr werdet die letzte Revierstation in ganz Baden-Württemberg haben. Aber die Revierstation wird auf jeden Fall geschlossen. Die Degerlocher werden nicht bevorzugt.“

Zudem stellte Rathgeb gemeinsam mit dem Polizeioberkommissar Matthias Berner die Unfall- und Kriminalitätsstatistik des Jahres 2016 für Degerloch vor. Insgesamt hat die Polizei von 58 868 Straftaten im gesamten Stadtgebiet 817 Straftaten im Bezirk aufgenommen. 2015 zählte die Polizei noch 952 Straftaten in Degerloch. Die Zahl der Körperverletzungen hingegen ist von 85 im Jahr 2015 auf 96 Fälle 2016 gestiegen. Allerdings müsse man diese Zahlen mit Vorsicht genießen, sagte Rathgeb. Die höheren Werte bedeuteten lediglich eine Zunahme der zur Anzeige gebrachten Straftaten. „Und wenn sich bei einem Spiel der Kickers auf der Waldau mehrere Personen prügeln, hat man gleich viele Straftaten auf einmal.“

Eine versuchte Tötung gab es 2015 in Degerloch

Im vergangenen Jahr gab es in Degerloch unter anderem auch eine versuchte Tötung: „Eine psychisch kranke Frau hat begonnen, ihr Haus anzuzünden, in dem ihr Ehemann und Kind noch geschlafen haben“, berichtete Berner. Mittlerweile sei diese Frau in der Psychiatrie untergebracht. Positiv sei, dass es sowohl 2016 als auch 2015 keine Vergewaltigungen oder sexuellen Nötigungen im Bezirk gab. Als ebenfalls positiv gewertet werden könne der Rückgang von Wohnungseinbrüchen: Im Jahr 2015 waren es 27, im vergangenen Jahr zwölf. Insgesamt würden rund die Hälfte der Straftaten in Stuttgart von ausländischen Mitbürgern begangen. Rathgeb warnte allerdings davor, vorschnelle Schlüsse zu ziehen. „Es gibt Delikte, die können nur von Ausländern begangen werden, etwa Verstöße gegen das Asylgesetz.“

Leicht zugenommen hat die Zahl der Verkehrsunfälle: von 272 Unfällen 2015 auf 277 Unfälle im vergangenen Jahr. Dafür haben die Personenschäden deutlich nachgelassen: von 106 auf 61. Darunter acht Schwerverletzte (2015: zwölf) und 79 Leichtverletzte (94). Zugleich sind die Sachschäden von 166 in 2015 auf 216 im vergangenen Jahr gestiegen. Den Gesamtschaden ist jedoch gesunken: 2016 schätzte die Polizei diesen auf 869 918 Euro, im Vorjahr waren es noch 1 164 847 Euro.