Der Geduldsfaden der Bezirksbeiräte in Stuttgart-Degerloch ist kurz vor dem Reißen, was die Raumprobleme der Schulen angeht. Sie wollen einen Vertreter des Schulverwaltungsamts zu sich bestellen – doch ist das die Lösung?

Degerloch - Die fehlenden Räume an Degerlocher Schulen haben den Bezirk und dessen Politiker in diesem Jahr wie kaum ein anderes Thema beschäftigt. Seit Dienstag ist klar, dass sich daran auch im kommenden Jahr nichts ändern wird. Nach monatelangem Werben und Mühen, in dem Runde Tische veranstaltet, Gespräche geführt, an die Verwaltung appelliert und Anträge gestellt wurden, ohne dabei viel zu erreichen, ist bei vielen Lokalpolitikern die Schmerzgrenze erreicht.

 

Klein beigeben will man trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil: In der Sitzung am Dienstag einigten sich die Fraktionen einhellig darauf, Anfang 2018 – möglichst noch im Januar – einen Vertreter des Schulverwaltungsamts in eine Sitzung zu bestellen. „Wir könnten das Schulverwaltungsamt hier direkt konfrontieren“, sagte Michael Huppenbauer (Grüne), der den Vorschlag vorbrachte. Die neue Maßnahme ist ein Ergebnis aufgestauten Frusts: Viele Räte äußerten das Gefühl, bei Vertretern der Stadt zwar vordergründig auf Verständnis zu stoßen, aber eigentlich nicht ernst genommen zu werden.

Die Verwaltung soll einen Zeithorizont vorlegen

Gleichzeitig geht ein einstimmig beschlossener interfraktioneller Antrag an die Verwaltung. In ihm fordern die Räte Geld aus dem Doppelhaushalt für Container oder Modulbauten am Wilhelms-Gymnasium und für neue Technikräume an der Fritz-Leonhardt-Realschule. Außerdem soll die Verwaltung einen Zeithorizont für die Umsetzung der Maßnahmen vorlegen.

Wie groß der Frust über die untätige Stadtverwaltung in Degerloch ist, verdeutlichten Äußerungen von Inka Glaser-Gallion (CDU). Stuttgart sei eine Stadt, in der viel gebaut würde und vieles vorankomme. „Wir bauen einen Tiefbahnhof, eine John-Cranko-Schule, ein Stadtmuseum, aber offenbar ist es nicht möglich, Schüler mit ausreichenden Räumen zu versorgen“, klagte sie. Dabei sei das jedoch eine ureigene kommunale Aufgabe. „Der Gemeinderat muss jetzt eine Entscheidung für die Kinder fällen“, sagte die CDU-Bezirksbeirätin. Man könne Schülern nicht glaubhaft machen, dass es die Stadt nicht schaffe, bis 2020 drei Container zu installieren.

Mit einem Beispiel verdeutlichte Glaser-Gallion die Diskrepanz zwischen den Vorstellungen der Degerlocher und den Bemühungen der Verwaltung: Der Rektorin der Fritz-Leonhardt-Realschule, Karin Grafmüller, habe das Amt kürzlich vorgeschlagen, einen gemeinsamen Raum für Textil- und Technikunterricht einzurichten, sagte Glaser-Gallion. Ein Unding, denn beides seien Schwerpunktfächer, die unmöglich in einem Raum unterrichtet werden könnten. „Ich frage mich langsam, warum wir uns überhaupt noch treffen, um über das Thema zu sprechen“, sagte sie.

Eltern und Kinder waren in der Sitzung des Bezirksbeirats

„Es schwingt mittlerweile Wut mit“, sagte Wilfried Seuberth (SPD). Mehrere Runde Tische habe man organisiert, nie sei etwas passiert. Seuberth zog Parallelen zur Unterbringung der Flüchtlinge vor zwei Jahren, als in kurzer Zeit Container aufgestellt worden waren. „Damals hat die Verwaltung gemacht, was gemacht werden musste.“ Eine ähnliche Notsituation habe man nun mit den Schülern erreicht. Michael Köstler (SÖS/Linke-plus) sprach von „fadenscheinigen Entschuldigungen“ seitens der Verwaltung. „Man muss mehr Druck auf die Ämter aufbauen, sei es auch durch mehr Demos“, so Köstler in Anspielung auf eine große Schülerdemo vor einigen Wochen.

Zur Sitzung des Bezirksbeirats am Dienstag waren wieder einmal Eltern mit ihren Kindern in die Sitzung gekommen, um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Monika Reichert, die Elternvertreterin an der Filderschule und am Wilhelms-Gymnasium ist, forderte den Bezirksbeirat zur Transparenz auf. „Wir haben zwar Verständnis für die Situation, aber die Sache kommt einfach nicht voran“, sagte Reichert, die Informationen zum weiteren Vorgehen verlangte.

Der Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold blieb nichts anderes übrig, als einmal mehr auf die beschränkte Handlungskompetenz des Gremiums zu verweisen. „Wir können fordern, appellieren und beraten. Davon abgesehen sind uns die Hände gebunden“, sagte sie. Ob nun die Einbestellung eines Amtsvertreters im Januar das Dauerproblem einer Lösung näherbringt, bleibt abzuwarten.