Mancher Stuttgarter Straßenname ist wirklich skurril. Woher hat der Hoppla-Weg in Weilimdorf seinen Namen? Und wo ist der Geldspeicher im Dagobertweg? Wir haben uns auf Spurensuche begeben.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Stuttgart - Dornröschen, Rübezahl oder Aladin wohnen in Möhringen. Naja, vielleicht nicht ganz, aber immerhin sind dort im „Märchenviertel“ Straßen nach ihnen und ihren sagenhaften Kollegen benannt. In Heumaden geben Kräuter und Gewürze bei den Straßennamen den Ton an: Eine Korianderstraße, einen Thymianweg und eine Pfefferstraße gibt es hier.

 

Doch wie kommen eigentlich Straßen zu ihren Namen? Klar, manche haben ihre Bezeichnung seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Aber wie funktioniert das, wenn eine ganz neue Straße gebaut wird und noch einen Namen sucht? Oder wenn eine Straße umbenannt werden muss, weil ihr Name historisch vorbelastet ist? Wie die frühere Leutweinstraße in Obertürkheim, die nach einem Gouverneur der unrühmlichen deutschen Kolonialzeit benannt war und seit 2008 Am Weinberg heißt.

Herr über die Stuttgarter Straßennamen ist das Haupt- und Personalamt der Stadt. Wenn eine neue Straße gebaut wird und neue Adressen gebraucht werden, informiert das Amt den zuständigen Bezirksbeirat. Mitgeschickt wird eine Vorschlagsliste mit gut hundert Einträgen. „Das sind Vorschläge, die Privatpersonen, Parteien oder Vereine über die Jahre für neue Straßennamen gemacht haben“, erklärt Andrea Schliwowski vom Haupt- und Personalamt. Hat sich der Bezirksbeirat auf eine Bezeichnung geeinigt, wird dieser Vorschlag an den Verwaltungsausschuss des Gemeinderats geschickt, der dann über den Straßennamen entscheidet.

Blättert man durch das Stuttgarter Straßenregister, findet man einige Bezeichnungen, die einen schmunzeln lassen oder bei denen man sich fragt, wie sie zu ausgerechnet zu diesem Namen kamen. Eine Auswahl:

Ablacher Weg, Stuttgart-Möhringen: Haben die Leute in der Straße unweit des Möhringer SI-Centrums besonders viel Spaß? Es wäre ihnen zu wünschen. Der Name dürfte aber nicht daher kommen, weil man sich hier schlapp lacht. Die Ablach ist ein Fluss im Landkreis Konstanz, einen gleichnamigen Ort gibt es im Kreis Sigmaringen.

Aladinweg, Stuttgart-Möhringen: Dornröschen, Rübezahl und Rotkäppchen sind gleich um die Ecke, auch zum Däumling- oder Rosenrotweg ist es von hier nicht weit. Am südlichen Rand von Möhringen tragen die Straßen märchenhafte Namen. Das „Märchenviertel“ wurde Anfang der 1960er Jahren auf ehemaligen Streuobstwiesen gebaut.

Bandkellerstraße, Stuttgart-Feuerbach: Ob es in den Kellern in dieser Straße besonders musikalisch zugeht, wissen wir nicht – aber der Name der kurzen Straße in Feuerbach klingt auf jeden Fall nach Gitarrengeschrabbel, Schlagzeugrhythmen und Eierkartons an den Wänden. Doch damit hat der Name leider gar nichts zu tun: „Diese Straße ist benannt nach dem Verwaltungsgebäude (Bandhaus) der Tübinger Universitätspflege, zu dem auch ein großer Keller, der Bandkeller, gehörte. (...) Der Bandkeller war ein Keller der Küfer, in dem diese die Eisenbänder für die Fässer aufbewahrten“, schrieb der Feuerbacher Heimatforscher Richard Albrecht.

Beim Esel, Stuttgart-Weilimdorf: Was klingt wie der Fluch eines Landwirts, ist eigentlich ein Übersetzungsfehler, wie der Weilimdorfer Heimatkreis herausgefunden hat. In der Nähe des Sträßles floss der Nesselbach. Bei undeutlicher Aussprache wurde über die Jahrzehnte „Beim Esel“ daraus.

Californiastraße, Stuttgart-Vaihingen: Den „American Way of Life“ verströmt die Gegend rund um die Patch Barracks in Vaihingen. Um den Stützpunkt der US-Army heißen die Straßen nach amerikanischen Bundesstaaten. Neben der Californiastraße finden sich dort auch unter anderem die Texas-, Florida- und Pennsylvaniastraße. Ein kleiner Trost für heimwehkranke GIs.

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Dagobertweg, Stuttgart-Luginsland: Was für ein schöner Zufall, dass es ausgerechnet im Luginslander Dagobertweg einen Geldautomaten einer Bank gibt. Den fantastillionenschweren Erpel aus Entenhausen dürfte es freuen – wenn er auch nicht der Namenspatron der Straße ist. In der Umgebung gibt es mehrere Straßen, die wie männliche Vornamen heißen: Die Bertramstraße zum Beispiel oder den Bodoweg.

Gewürzluikenweg, Stuttgart-Zazenhausen: Hätten Sie gewusst, was eine Gewürzluike ist? Es ist eine alte Württemberger Apfelsorte. In Zazenhausen widmen sich gleich mehrere Straßen alten Obstsorten: Es gibt auch noch den Pastorenbirnen- oder den Goldparmänenweg.

Hallimaschweg, Stuttgart-Schönberg: Pilzfreunde dürften es wissen – Hallimasche sind Speisepilze. In Schönberg sind sie in bester Gesellschaft. Um die Ecke liegen der Trüffel- und der Steinpilzweg sowie die Parasolstraße.

Hoppla-Weg, Stuttgart-Weilimdorf: Wie das kleine Wegle zu diesem hübschen Namen kam? Offenbar geht er auf eine fleckenbekannte Weilimdorferin zurück, die in den 1930er Jahren in Weilimdorf wohnte. Sie trug, so heißt es, nicht nur sehr große Schuhe, sondern machte beim Gehen eigenartige Hüpfer – was ihr ihren Spitznamen einbrachte. In den 1990er Jahren wurde der noch namenlose Weg nach „der Hoppla“ benannt.

Im Himmel, Stuttgart-Vaihingen: Geht’s noch poetischer? Briefe, die an „Im Himmel“ adressiert sind, kommen nicht auf Wolke Sieben an, sondern in Vaihingen. Der Straßennamenführer der Stadt Stuttgart vermutet, dass „die Straße ihren Namen dem landschaftlich schön gelegenen Gelände“ verdankt. Einen schönen Blick auf die Landeshauptstadt gibt’s oben drauf.

Im Lauch, Stuttgart-Sillenbuch: Mit dem gleichnamigen Gemüse hat dieser Straßenname nichts zu tun – wohl aber mit der Sillenbucher Geschichte. Denn bevor hier Häuser standen, gab es viel Wald. Lauch leitet sich vom mitteldeutschen Wort „loh“ ab, was so viel bedeutet wie Wäldchen oder Hain.

Kartoffelweg, Stuttgart-Steckfeld: Besonders poetisch ist die Adresse nicht, aber in Steckfeld gibt eben Gemüse den Ton an. Man könnte auch im Zuckerrübenweg wohnen oder im Sauerampferweg residieren. Passend dazu ist das Deutsche Landwirtschaftsmuseum der Uni Hohenheim gleich um die Ecke.

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Primelesweg, Stuttgart-Sommerrain: Einen Primelweg hat wahrscheinlich fast jede Stadt, aber der schwäbische Diminutiv macht die Wohnstraße in Sommerrain so sympathisch. In der Gegend geht es blumig weiter: Es gibt auch noch den Windröschen-, den Kornblumen- und den Schneeglöckleweg.

Saunastraße, Stuttgart-Vaihingen: Woher die Vaihinger Saunastraße ihren ungewöhnlichen Namen hat? Sie wurde in den 1950er Jahren nach dem dortigen Luft- und Saunabad benannt, das der Naturheilverein Vaihingen betrieb. Wie der NLV auf seiner Homepage schreibt, war die Sauna bei ihrer Eröffnung 1949 erst die zweite ihrer Art im Großraum Stuttgart. Kein Wunder, dass sie der Landeshauptstadt einen Straßennamen wert war. Die vereinseigene Sauna gibt es übrigens heute noch.

Seezungenweg, Stuttgart-Mönchfeld: Einen guten Fang kann man in Mönchfeld machen – hier liegt der Seezungen- neben dem Sprotten-, dem Zander- oder dem Störweg. Die Aal- und die Karpfenstraße sind auch nicht weit. Wenn einem da nicht mal Kiemen wachsen...

Thymianweg, Stuttgart-Heumaden: Schaut man auf den Stadtplan von Heumaden, könnte man denken, man steht vor dem Gewürzregal. Safranweg, Paprikastraße, Dillweg oder Muskatstraße – die Gegend hat sich ganz Gewürzen und Kräutern verschrieben.

Zuflucht, Stuttgart-Kaltental: „My home is my castle“ – die Straße Zuflucht in Kaltental hat ihren Namen aber nach dem gleichnamigen Schwarzwaldgipfel beim Kniebis.

Noch mehr klingende Straßennamen in Stuttgart

Die Fruchtigen: Herzkirschenweg, Himbeerweg, Aprikosenstraße, Mandarinenweg, Melonenstraße, Orangenweg, Quittengasse

Die Tierischen: Glühwürmchenweg, Hirschsprung, Igelhecke, Iltisweg, Im Fuchsbau, Krokodilweg, Libellenweg, Löwengasse, Madenstraße, Makrelenweg, Molchweg, Schlangenweg, Tigerstraße

Die Bunten: Blauer Weg, Am Gelben Weg, Am Grünen Weg

Die Blumigen: Holunderweg, Hortensienweg, Apfelblütenweg, Im Rosenbusch, Krokusweg, Narzissenweg, Sonnenblumenweg