Die Stadt arbeitet mit Verdi an einem Konzept für die Nachnutzung der Drogeriefilialen.

Stuttgart - Der rote Punkt an der Scheibe signalisiert Veränderung. In der ehemaligen Schlecker-Filiale an der Bebelstraße tut sich was. Noch sind die Schaufenster verhangen, doch die blauweißen Schriftzüge sind entfernt und die Umbauarbeiten sind ebenso im Gange wie die Spekulationen darüber, was denn aus der einstigen Drogerie werden könnte. Ein Wettbüro befürchten die einen, eine Sportbar sagen die anderen. „Genehmigt haben wir dort eine Schankwirtschaft“, stellt Kirsten Rickes, die Leiterin des Baurechtsamts Stuttgart, klar. Wettbüros mit Bildschirmen sind im Westen gemäß der Vergnügungsstättensatzung verboten.

 

Das Ladengeschäft an der Bebelstraße ist eine Ausnahme. Vielfach ist das Logo der insolvent gegangenen Drogeriekette aus Ehingen bei Ulm noch in der Stuttgarter Innenstadt zu sehen. Für die Räume an der Böblinger Straße 100 sind beispielsweise keine Pläne für eine Nachnutzung bekannt. An der Tür hängt lediglich ein Papier, dass die längst vollzogene Schließung verkündet. Auch beim Baurechtsamt sind keine Anträge für eine Nachnutzung eingegangen. Der Besitzer der Immobilie hatte auch nicht auf das Angebot der Wirtschaftsförderung der Stadt reagiert. „Wir haben allen Eigentümer der Schlecker-Immobilien angeschrieben und die Nachnutzung abgefragt“, sagt Dieter Rentschler von der städtischen Wirtschaftsförderung. Diese Schreiben waren keine reine Informationsabfrage für die Statistik. Sie beinhalteten das Angebot, an den jeweiligen Standorten die Einrichtung eines Drehpunkt-Marktes zu überprüfen.

Diese Form der Nachnutzung geht auf eine Initiative von Verdi zurück. Die Gewerkschaft unterstützt ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen dabei, sich selbstständig zu machen. Verdi fördert vor allem dort Drehpunkt-Märkte, wo ansonsten die Nahversorgung gefährt ist. Der erste Drehpunkt-Markt hat in Erdmannhausen im Kreis Ludwigsburg eröffnet.

14 Standorte haben eine Chance, Drehpunkt-Markt zu werden

Das Kriterium der Nahversorgung bedeutet keineswegs, dass die ehemaligen Schlecker-Filialen in der Innenstadt automatisch ausscheiden. Aus Sicht von Rentschler wäre es beispielsweise optimal, wenn Bürger innerhalb eines 500-Meter-Radiuses einen Nahversorger – etwa in Form eines Lebensmittelgeschäftes oder einer Drogerie – vorfänden. Das ist keinesfalls überall gegeben.

Drehpunkt-Märkte werden deshalb im Osten für die Gablenberger Hauptstraße 45, im Westen für die Schloßstraße 73, in Mitte für die Charlottenstraße 20 und im Süden für die Liststraße 41 geprüft. Insgesamt haben in Stuttgart 14 Eigentümer von Immobilien, die an Schlecker vermietet waren, Interesse bekundet, bei dem Projekt mitzumachen.

Wie viele von diesen 14 Standorten eine Chance haben, Drehpunkt-Markt zu werden, kann Rentschler nicht abschätzen. „Natürlich muss der Markt später wirtschaftlich sein. Mit weniger als 100 Quadratmetern Fläche wird das schwierig“, sagt der Mann von der Wirtschaftsförderung. Gleichzeitig hat Rentschler im Auge, dass die Nahversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln als Frequenzbringer für die jeweils umliegenden, kleineren Geschäfte gilt. „Andererseits können wir natürlich nicht überall Cap- oder auch Bonusmärkte einrichten“, sagt Rentschler. Im Auftrag von Verdi prüft eine Unternehmensberatung derzeit, welche der 14 Standorte in Stuttgart zu Drehpunkt-Märkten werden. Aus Sicht der Stadt wären zehn Drehpunktmärkte ein Erfolg.

In der Umwandlung sieht Rentschler nicht nur eine Chance für ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen, zumal viele bereits anderweitig eine Anstellung gefunden hätten. „Nach der Schlecker-Insolvenz ist die Idee entstanden, Drehpunkt-Märkte zu eröffnen. Dort können aber auch andere Interessierte arbeiten“, sagt Rentschler.