Das Hotel Neuwirtshaus ist eines von aktuell acht Gasthäusern in Stuttgart, in denen Flüchtlinge untergebracht sind. 50 Menschen aus der Ukraine haben dort Zuflucht gefunden, während der normale Betrieb weitergeht.

Das Haus ist zerbombt, Verwandte mussten sterben. Die Angst vor dem Tod und den russischen Invasoren ist ein ständiger Wegbegleiter. Die Bilder der Kriegsverbrechen von Butscha, wo wohl mehr als 400 Einwohner erschossen, gefoltert oder zu Tode geprügelt wurden, sind präsent. Es gibt derzeit viele Gründe für die ukrainische Bevölkerung, ihre Heimat zurückzulassen. Mehr als sieben Millionen Menschen aus der Ukraine leben mittlerweile in europäischen Staaten als Flüchtling. In Stuttgart sind es aktuell etwa 7000 – Tendenz steigend. Rund 3700 von ihnen haben in der Landeshauptstadt eine private Bleibe gefunden. Die anderen leben in Notunterkünften – wie zum Beispiel im Hotel Neuwirtshaus in Zuffenhausen.

 

Als die Ukraine im Februar dieses Jahres angegriffen wurde, die ersten Menschen aus ihrem Land geflohen sind, klopfte auch jemand an die Hoteltür von Stephan Wichmann. „Ein Mann hatte fünf Flüchtlinge an der Grenze eingesammelt und brauchte eine Unterkunft für sie“, sagt der Betreiber des Hotels Neuwirtshaus. „Zwei Monate haben sie bei uns gewohnt. Wir haben das auf unsere Kosten gemacht.“ Für Wichmann war das selbstverständlich – trotz der wirtschaftlichen Sorgen, die in der Pandemie entstanden sind. „Wir haben dann bei der Stadt signalisiert, dass wir auch mehr Flüchtlinge aufnehmen können.“ Seit April leben 50 Menschen aus der Ukraine in seinem Hotel. Die Stadt hat mit Stephan Wichmann einen Mietvertrag abgeschlossen. „Von Anfang an war uns aber sehr wichtig, unseren Restaurant- und Hotelbetrieb weiterführen zu können, um kein reines Flüchtlingshaus zu sein“, sagt Wichmann. Laut dem Hotelbetreiber geht das Konzept auf. Die Gäste und die Flüchtlinge frühstücken zusammen, tauschen sich aus. „Zwischen dem Personal und unseren ukrainischen Gästen sind mittlerweile auch Freundschaften entstanden“, sagt Wichmann.

„Am Anfang war es wichtig, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben und etwas zu essen bekommen“, sagt Wichmann. Längst sind das aber nicht mehr die einzigen Kriterien, die für ihn ausschlaggebend sind. „Wir haben hier so viele Kinder rumspringen. Die brauchen Beschäftigung.“ Geigen- und Klavierunterricht sowie Ringertraining konnten beispielsweise schon organisiert werden. „Es ist eine Mammutaufgabe und für alle mehr als ein Vollzeitjob. Die Herausforderungen auch psychischer Natur sind nicht zu unterschätzen“, erklärt Wichmann. Aber sein Team und er zögen aus den Erfahrungen so viel Positives. „Es ist einfach auch schön zu sehen, wie dankbar die Menschen sind, hier eine Zuflucht gefunden zu haben.“ Immer wieder würden sie deshalb auch ihre Hilfe anbieten – sei es beim Reinigen der Zimmer oder beim Tragen von Getränkekisten. „Nur durch das Engagement aller können wir unser gemeinsames Miteinander dauerhaft aufrechterhalten“, sagt Wichmann. „Ich bin sehr stolz auf das, was mein Team leistet, und bin mir sehr sicher, dass wir unseren Gästen eine vernünftige Unterbringung in dieser schweren Zeit bieten.“

Drei Bands und mindestens eine ukrainische Künstlerin treten auf

Am Samstag, 10. September, findet im Veranstaltungssaal des Hotels an der Schwieberdinger Straße 198 ein Benefizkonzert zugunsten der ukrainischen Gäste statt. Hintergrund ist nicht nur, dass die Flüchtlinge von den Einnahmen profitieren, sondern auch, dass in der Öffentlichkeit auf die Not des ukrainischen Volkes aufmerksam gemacht wird. „Im April und Mai haben wir sehr viel Unterstützung von privaten Personen erhalten, mittlerweile lässt das Interesse stark nach“, bedauert Wichmann.

Das Konzert wird am Samstag um 19.30 Uhr vom Unplugged-Trio Elizas Bakery eröffnet, das rockige und poppige Coversongs spielt. Als zweite Band werden dann die Empty Bullets zu hören sein, ehe der Hauptakt Mother of Loudness die Bühne erklimmen wird. Zudem wird mindestens eine ukrainische Künstlerin auftreten.

Der Eintritt beträgt 12 Euro. Ukrainische Gäste zahlen nichts. Weitere Infos und Tickets gibt es unter Telefon 07 11 / 6 99 44 90.