Ganze 29 Einbrüche in der Stuttgarter Innenstadt hat ein Mann vor dem Landgericht gestanden. Seine ebenfalls angeklagte Freundin soll beim Verkauf der Beute geholfen haben.

Stuttgart - Eine böse Überraschung: Als die Mieterin einer Wohnung an der Johannesstraße am Abend des 19. Mai vorigen Jahres nach Hause kommt, findet sie ihre Räume durchwühlt vor. Etliches fehlt, darunter eine teure Handtasche. Nach dem ersten Schock kommt der Frau eine Idee.

 

Nach ein paar Tagen schaut sie auf der Internetplattform Ebay nach Handtaschen – und stößt tatsächlich auf ihre zum Verkauf stehende Tasche. Sie informiert die Kripo und wickelt den Kauf ab. Das Geld für ihre eigene Tasche überweist das Diebstahlsopfer auf ein Konto, das die Fahnder zu einer 38 Jahre alten Frau aus Stuttgart führt. Alles Weitere ist professionelle und akribische Polizeiarbeit.

Die Frau wird ausfindig gemacht und überwacht. So führt sie die Polizei zu ihrem mutmaßlichen Komplizen. Die beiden Stuttgarter Wohnungen des Liebespaars werden durchsucht, man stellt eine erkleckliche Menge an Diebesgut sicher. Der Kripo wird klar, dass sie eine veritable Einbruchsserie aufgedeckt hat.

Die Einbrüche fanden vormittags statt

„Unsere Mandanten räumen die Vorwürfe ein“, sagen Verteidigerin Amelie Schweizer und Verteidiger Franz Friedel vor der 5. Strafkammer des Landgerichts. Der 38-Jährige gebürtige Waiblinger soll 2016 und 2017 in der Stuttgarter Innenstadt reihenweise in Wohnungen eingestiegen sein. Dafür habe es nicht viel gebraucht, sagt er – einen Schraubenzieher und ein stabiles Hebelwerkzeug. „Hauseingangstüren sind überraschend oft offen in Stuttgart“, sagt der Mann. Die Einbrüche habe er durchweg vormittags verübt.

Eingesackt hat der drogenkranke Mann neben Bargeld so ziemlich alles, was sich zu Geld machen lässt: Taschen, Schmuck, Uhren, Elektrogeräte.

Die Staatsanwältin hat die Einbrüche in zwei Kategorien unterteilt. Da sind die Wohnungseinbrüche und die Fischzüge, die der 38-Jährige in Kellern gemacht hat. Allein an der Reuchlinstraße und an der Hasenbergsteige soll der Angeklagte jeweils vier Keller aufgebrochen haben. Seine Beute: Fahrräder, Werkzeuge und Ähnliches. Die Beute landete zu einem großen Teil auf Ebay, wobei ihm seine gleichaltrige Freundin geholfen haben soll. Deshalb ist die Frau wegen Hehlerei angeklagt.

„Sie war bei keinem einzigen Einbruch dabei“, stellt der Angeklagte klar. Seine Freundin, die er in einer Drogentherapie kennengelernt hatte, sei damals in einem Methadonprogramm gewesen. „Sie hat wenig bis nichts von dem mitbekommen, was ich gemacht habe“, sagt der Mann, der mit seinen Einbrüchen laut Staatsanwaltschaft insgesamt rund 70 000 Euro Schaden verursacht haben soll.

Keine Bewährung für die Frau

Das Paar, das exakt dasselbe Geburtsdatum aufweist, hat eine lange Drogenkarriere hinter sich. Der Mann musste nach der Scheidung seiner Mutter vom gewalttätigen Vater ins Kinderheim. Mit 15 Jahren begann er nach eigener Aussage Alkohol zu trinken, Cannabis zu rauchen und zeitweise auf der Straße zu leben. Mit 20 sei er schließlich heroinsüchtig gewesen. Er schaffte zwar die Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur, wurde aber immer wieder rück- und auch straffällig. „Ich möchte die Haft nutzen, um mich weiterzubilden“, sagt er. Ein grundsolides Leben, so eines, wie es sein Bruder lebt mit Frau, Kind, Job, sei sein Traum.

Die Frau ist gelernte Arzthelferin, war mit 18 Jahren aber auch schon auf Heroin. Sie betont, regelmäßig ehrenamtlich bei der Aidshilfe Stuttgart zu arbeiten. Das Paar will versuchen, ein Paar zu bleiben und sich eine Zukunft aufzubauen.

Das wird allerdings noch eine ganze Weile dauern. Am Ende verurteilt die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Volker Peterke den Mann zu fünf Jahren und neun Monaten Gefängnis. Die Frau wird mit zwei Jahren Freiheitsstrafe belegt. Dies könnte gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden, was die Kammer aber ablehnt.