Die Werkfeuerwehr der Bosch GmbH wird 100 Jahre alt. Am 10. Februar 1917 gab Robert Bosch den Auftrag zur Gründung einer Fabrikfeuerwehr für das Stuttgarter und Feuerbacher Werk.

Feuerbach - Brandmeister Wendelin Mayr bekommt von Robert Bosch im Jahr 1917 den Auftrag, eine Fabrikfeuerwehr für das Stuttgarter und Feuerbacher Werk aufzustellen: „Mayr kam von der Berufsfeuerwehr Stuttgart zu Bosch und wurde mit dieser Aufgabe betraut“, sagt Bosch-Historikerin Angelika Merkle. Schon damals sei der Brandschutz im Fokus gestanden. Brandmeister Mayr stellt noch im Gründungsjahr Robert Bosch einen Blechkasten vor. Darin können Teile mit Waschbenzin gereinigt werden. „Wenn sich das Waschbenzin entzündete, schloss sich der Blechkasten selbstständig und das Feuer ging aus“, erklärt Merkle von der Abteilung historische Kommunikation die Funktionsweise der Apparatur.

 

Robert Bosch ist von der Vorführung begeistert. Er führt den Kasten an allen Bosch-Standorten ein. Auch die Ausrüstung hält er auf dem neuesten Stand. Das Gruppenfoto von der ersten Mannschaft stammt vom Oktober 1917. Darauf sind zwei Feuerwehrleute mit Helmen und Atemschutzgeräten zu sehen. Sie ähneln Tiefseetaucheranzügen. Im Bildvordergrund stehen zwei Rettungstragen und eine Art Erste-Hilfe-Koffer. „Ein Schlauchwagen und eine mechanisch ausfahrbare Leiter gehörten auch zur ersten Ausrüstung“, zählt Merkle auf. Die erste Werkfeuerwehr besteht aus 33 nebenberuflichen Feuerwehrleuten und einer achtköpfigen Rettungsgruppe.

Teleskopmast kann 42 Meter ausgefahren werden

Fast genau 100 Jahre nach der Gründung stellt sich am Donnerstag vergangener Woche die aktuelle Mannschaft zum Gruppenfoto auf. 34 hauptberufliche und 30 nebenberufliche Feuerwehrleute bilden die heutige Wehr. Das Fahrzeug mit dem ausfahrbaren Teleskopmast dient als passende Hintergrundkulisse. 42 Meter ragt der stählerne Arm in die Höhe, wenn er komplett ausgefahren wird. Das sind Riesenrad-Dimensionen. Tatsächlich sei das Gerät schon mal auf dem Cannstatter Wasen zum Einsatz gekommen, sagt Norbert Sievers, der bei Bosch auch als Abteilungsleiter für die Werkfeuerwehr am Standort Feuerbach zuständig ist. „Brände sind bei uns eher die Ausnahme“, sagt er. Im vergangenen Jahr hatte die Wehr 1500 Arbeitseinsätze, darunter 19 Brände. Keine großen Sachen, mal eine qualmende Mikrowelle, ein kokelnder Papierkorb oder ein Schwelbrand.

Heute wie damals werden bei Bosch Prävention und Brandschutz großgeschrieben. Nur eine Zahl: 15 000 Rauchmelder-Prüfungen machen die Mitarbeiter der Werkfeuerwehr jedes Jahr. Da kann nicht viel anbrennen.

Steffen Jauss ist einer der Mitarbeiter bei der Bosch-Werkfeuerwehr. Der 36-jährige Schreinermeister war schon als Jugendlicher bei der Freiwilligen Feuerwehr in Oberriexingen aktiv. Als bei der Bosch-Feuerwehr in Feuerbach ein Mitarbeiter gesucht wurde, der auch CAD-Pläne am Computer zeichnen kann, bewarb er sich und bekam den Job.

Neue Atemschutzübungsanlage bei Bosch wurde 2016 eröffnet

„Wir machen auch die Planungen von Flucht- und Brandschutzwegen in Gebäuden“, erklärt Bosch-Abteilungsleiter Sievers. Die Werkfeuerleute bei Bosch haben in der Regel einen erlernten Beruf. Sie sind Mechaniker, Elektroingenieur, Schlosser oder Tischler: „Die Feuerwehrausbildung kommt dann on top dazu“, erklärt Sievers. In einigen anderen Bundesländern gebe es bereits das Berufsbild „Werkfeuerwehrmann/-frau IHK“. In Baden-Württemberg seien Bosch und eine Reihe weiterer Betriebe gerade dabei, diesen Ausbildungsgang zu etablieren: „Die Ausbildungsabteilung von Bosch befindet sich gerade in Gesprächen, unsere feste Absicht ist, diesen dreijährigen Ausbildungsberuf ab 2018 bei uns einzuführen“, sagt Bosch-Sprecherin Christiane Spindler.

Schon länger bilden die hauptamtlichen Bosch-Werkfeuerwehrleute auch Kollegen aus den Freiwilligen Feuerwehren oder aus anderen Betrieben fort. Die hochmoderne Atemschutzübungsanlage im Feuerbacher Werk, die 2016 eröffnet wurde, bietet dafür beste Voraussetzungen: Dort können Feuerwehrleute ihre körperlichen und psychischen Belastungsgrenzen austesten. Mit Sauerstoffflasche und 25 Kilo schwerer Montur krabbeln und robben sie durch verrauchte, verdunkelte und bis zur Schmerzgrenze beschallte Gittergänge. Sie zwängen sich durch enge Öffnungen und Rohre auf verschiedenen Ebenen, versuchen bis zu 80 Kilogramm schwere Puppen aus dem Labyrinth zu befreien. Eine echte Tortur. Das ganze Treiben überwacht eine Kamera. Die Bosch-Übungsstrecke wurde vom Regierungspräsidium als überörtliche Ausbildungsstätte für die Atemschutzausbildung von Feuerwehrleuten anerkannt.

Das technische Know-how der Bosch-Feuerwehrleute ist auch außerhalb der Werktore gefragt: „Unseren Großlüfter samt Mannschaft haben wir auch schon ausgeliehen. Damit kann man große Industriehallen entrauchen“, sagt Sievers. Vergangenes Jahr wurde in Finnland geübt. „Wir sind Pionier beim Thema taktische Ventilation.“

100 Jahre Werkfeuerwehr bei Bosch

Brandschutz und Gefahrenabwehr spielen nicht nur am Standort Feuerbach eine wichtige Rolle: „In Deutschland haben wir an über 35 Bosch-Standorten Werkfeuerwehren eingerichtet, die mit rund 1100 nebenberuflichen und 350 hauptamtlichen Mitarbeitern den Brandschutz an den jeweiligen Standorten sicherstellen“, sagt Dietrich Bank, Leiter der Bosch-Zentralstelle für Brandschutz und Gefahrenabwehr. Weltweit sind bei Bosch etwa 1900 bis 2000 Mitarbeiter in Werkfeuerwehren organisiert. Die Bandbreite der Aufgaben ist groß: Gleich neben der Feuerwache im Werk Feuerbach entsteht gerade ein Bürogebäude mit fünf Stockwerken für rund 1400 Mitarbeiter: „Auch dort sind wir involviert, denn wir nehmen auch die Brandschutzkonzepte ab, die extern erstellt werden“, erklärt Sievers. „Insgesamt betreuen wir 700 000 Quadratmeter Fläche allein am Standort Feuerbach“, sagt Sievers.

Auch zwei Rettungswagen (RTW) gehören zum Fuhrpark der Feuerwache auf dem Werksgelände. Erste Hilfe leistet die Werksfeuerwehr in erster Linie für die 14 000 Mitarbeiter am Standort Feuerbach. Die Erstversorgung bei einem schweren Herzinfarkt gehört genauso dazu wie andere Notfälle: „Unsere Feuerwehrleute sind auch darin ausgebildet, das reicht vom Betriebssanitäter bis zum Rettungsassistenten“, sagt Sievers. Wenn extrem viel Unfälle in der Stadt passieren, ist das RTW auch mal außerhalb des Werkbereiches im Einsatz. Neben dem Schutz von Leib und Leben gilt es auch wertvolle historische Schätze zu wahren: zum Beispiel die Liebesbriefe von Robert Bosch. „Das sind ganz, ganz alte Dokumente“, sagt Angelika Merkle von der historischen Kommunikation. Die Werkfeuerwehr wisse ganz genau, in welchen Schränken des Bosch-Archivs diejenigen wertvollen Unterlagen und Schriftstücke lagern, die zuerst vor den Flammen gerettet werden müssten.

Bei der Unwetterkatastrophe 1972 war auch die Werkfeuerwehr im Einsatz

Im kommunalen Katastrophenfall rückt die Werkfeuerwehr auch aus. Kurz vor Weihnachten 1931 brannte ein Teil des Alten Schlosses in Stuttgart nieder. „Damals half die Bosch-Feuerwehr mit, den verheerenden Brand zu löschen“, sagt Merkle. Am 15. August 1972 gingen tennisballgroße Eisklumpen über der Stadt nieder, Unterführungen liefen blitzschnell mit Wasser voll. „Auch auch bei dieser Unwetterkatastrophe rückte die Werkfeuerwehr aus.“

Natürlich gehören auch kuriose Einsätzen zum Alltag: Ein junger Falke musste unlängst auf dem Firmengelände gerettet werden, weil er aus seinem Nest gefallen und in eine Art Lüftungsrohr gerutscht war. „Seitdem schauen wir hin und wieder nach dem Falkenhorst“, schmunzelt Sievers. Doch nicht nur junge Falken geraten mitunter in Not. Einmal blieben sieben Bosch-Auszubildende in einem der Paternoster stecken. Sie hatten sich alle auf einmal in den Aufzug gezwängt, ein ziemlich dämliches Experiment. Es endete, wie es enden musste: Der Paternoster blieb zwischen den Stockwerken stehen, weil eine als Sicherung eingebaute Lichtschranke ausgelöst wurde. Mitarbeiter der Werkfeuerwehr befreiten die Auszubildenden.