Richard Schätzle sagt über sich selbst, dass ihn jeder Hund in Feuerbach kennt. Der Jubilar hat sich am Freitag von seinen Freunden und Wegbegleitern feiern lassen. Er ist 100 Jahre alt geworden.

Stuttgart-Feuerbach - Im Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt ist ganz schön was los. Es ist Freitagnachmittag: Im dritten Stock der Einrichtung am Pfostenwäldle spielt das Harmonika-Orchester auf. Der Schneewalzer ist zu hören. Es wird kräftig gesungen und geschunkelt. Die Stimmung ist prächtig. Mit von der Partie sind auch die Mitglieder der Chorvereinigung. Gleich sind sie an der Reihe, um für Unterhaltung zu sorgen. Später wird noch der Musikverein Stadtorchester auftreten. An einer langen Tafel sitzen zahlreiche Gäste – unter anderem der Vorsitzende des Wein-, Obst- und Gartenbauvereins, Helmut Wirth, sowie der ehemalige Vorsitzende des Bürgervereins, Gerhard Zeeb, und auch Alt-Stadtrat Robert Baumstark. Fünf Stunden zuvor waren schon Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer und Feuerbachs Bezirksvorsteherin Andrea Klöber zu Besuch. Sogar der ehemalige Schultes des Bezirks, Helmut Wiedemann, hat zum Telefonhörer gegriffen und sich am Pfostenwäldle gemeldet.

 

Der Grund für all den Trubel: Richard Schätzle feiert seinen 100. Geburtstag. „Mich kennt hier jeder Hund“, sagt der Jubilar und lacht. Seit 42 Jahren lebt er in Feuerbach. „Ich war laufend unterwegs, um für Vereine zu basteln.“ Acht Jahre lang hat Richard Schätzle unter anderem für den Musikverein den Auf- und Abbau des Kirbe-Festzeltes organisiert. Im Bürgerverein hat er 1981 den Lampionumzug zu St. Martin ins Leben gerufen, der auch mehr als 30 Jahre später immer noch stattfindet. Bis vor zwei Jahren hat er im Hof der Stadtkirche St. Mauritius noch aktiv beim Auf- und Abbau der Lichterketten geholfen. „Aber dann wollte ich nicht mehr auf eine Leiter steigen“, sagt Schätzle und schmunzelt. Mit seinen 100 Jahren ist er das älteste Mitglied des Bürgervereins. Das bestätigt auch die Vorsitzende Ruth Maier, die am Vormittag beim Jubilar vorbeischaute.

Schon 72 Jahre verheiratet

In insgesamt acht Feuerbacher Vereinen sei er Mitglied, sagt Schätzle. „Dieses soziale Engagement ist wohl das Geheimnis Ihres hohen Alters“, vermutet Sozialbürgermeisterin Fezer. Das könne schon sein, erwidert der Jubilar. „Ich bin einfach nur froh, so viele Kontakte in Feuerbach zu haben. Ich habe mich hier immer sehr wohl gefühlt.“ Erst im Oktober sei er ins Seniorenzentrum gezogen – zu seiner Frau Annemarie, mit der er seit fast 72 Jahren verheiratet ist. Von 1974 bis 2014 lebten beide in der gemeinsamen Wohnung an der Wiener Straße, bis sich Annemarie Schätzle einen Oberschenkelhalsbruch zuzog. Zuvor hatten sie sich bei der Baugenossenschaft in Zuffenhausen eingemietet – 24 Jahre lang. „Wir waren glücklich in Zuffenhausen, aber in Feuerbach war es besser“, sagt Richard Schätzle, der in Horb am Neckar geboren wurde.

Mit 18 Jahren kam der Jubilar in die Landeshauptstadt Stuttgart. Und dort lernte er auch 1942 seine heutige Frau kennen. Die 18-jährige Annemarie lebte eigentlich in Bonn bei ihren Eltern und war nur zu Besuch bei ihrer Tante. Die erste Verabredung fand im Theater statt. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Richard Schätzle. Seine Gattin schmunzelt: „Er hat mir schon gefallen – mit Abstrichen.“ Zunächst sahen sich die beiden nicht oft. Richard Schätzle war Soldat. Er war auf der Krim stationiert, wurde dort später verletzt und durfte nach Stuttgart ins Lazarett. Doch er geriet in Kriegsgefangenschaft und musste nach Frankreich. „Eine harte Zeit“, sagt Schätzle. Doch er hat sie überstanden. Er suchte sich in Stuttgart eine Arbeit und wurde bei einer Roll- und Klappladenfabrik fündig. „21 Jahre habe ich für dieses Unternehmen gearbeitet.“ Später war er noch 15 Jahre als Sachbearbeiter im Stuttgarter Versorgungsamt tätig.