Bereits in der Gründungsphase schwer gefragt: Die Stadtwerke verzeichnen bezüglich ihrer ausgeschrieben Stellenangebote ein reges Interesse. Der kommunale Versorger will bei Strom und Gas „preiswerter als die EnBW“ sein.

Stuttgart - Die Stadtwerke Stuttgart gelten bereits in der Gründungsphase als attraktiver Arbeitgeber. „Auf unsere zwölf Stellenangebote, die wir öffentlich zum 1. Juli ausgeschrieben haben, sind fast 600 Bewerbungen eingegangen“, freut sich Martin Rau, der kaufmännische Geschäftsführer des neuen kommunalen Energieunternehmens. Darunter seien viele hochqualifizierte Arbeitnehmer, auch von der Energie Baden-Württemberg (EnBW). „Das zeigt doch deutlich, dass die Idee der Stadtwerke sehr gut ankommt“, meint Rau. Nach der erfolgreichen Aufbauphase rechnet der Manager bei dem städtischen Energieversorger letztendlich mit 400 bis 500 Beschäftigten. „Bis dahin werden aber noch einige Jahre vergehen, weil wir einen Schritt nach dem anderen machen müssen“, schränkt er ein. „Alles gleichzeitig, das geht nicht.“

 

Für die erste Aufbaustufe mit einer Gesellschaft zum Strom- und Gasvertrieb werden neben einem Assistenten und einer Sekretärin für die Geschäftsführung auch „kaufmännische Allrounder“ für Finanzen, Organisation und Einkauf sowie vier Ingenieure für die wichtigen Geschäftsfelder Netz und erneuerbare Energien gesucht. „Unser Personalplan weist für das laufende Jahr 13,5 Stellen aus“, erläutert Rau. Im geplanten Servicezentrum kümmerten sich von Spätherbst an sieben Mitarbeiter um die Stadtwerke-Kunden. Die Finanz- und Organisationsabteilung werden auf rund 500 Quadratmetern in der Königsbau-Passage untergebracht. Ob das Kundencenter – wie ursprünglich vorgesehen – in einem ehemaligen Geschäft für Hobbyköche in der Rathauspassage unterkommen wird, ist allerdings wieder offen. „Um der Kundschaft einen professionellen Service bieten zu können, reicht der Platz dort nicht aus“, betont Rau. Deshalb sei die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für das Servicecenter noch nicht abgeschlossen. „Schließlich wollen wir bis Ende 2013 mindestens 30.000 Stuttgarter Haushalte als Strom- und Gaskunden gewinnen.“

Stadtwerke wollen preiswerter als EnBW sein

Den sauberen Ökostrom und das Erdgas beziehen die Stadtwerke vorerst ausschließlich vom Vertriebspartner, den Elektrizitätswerken Schönau (EWS), aus dem Schwarzwald. „Der Gemeinderat muss dem mit der EWS geschlossenen Gesellschaftervertrag Anfang Juli noch zustimmen“, erklärt Rau. An der gemeinsamen Vertriebsgesellschaft sind die Schönauer Stromrebellen mit 40 Prozent beteiligt.

Was der Kubikmeter Erdgas und die Kilowattstunde Ökostrom der Stadtwerke kosten werden, steht noch nicht endgültig fest. „Wir sind aber gerade dabei, unser Tarifgefüge zu justieren“, erklärt Michael Maxelon, der neue technische Geschäftsführer der Stadtwerke. „Unser Angebot wird auf jeden Fall konkurrenzfähig und preiswerter als das vieler Konkurrenten und der EnBW sein.“ Es werde neben diversen Kombitarifen für Gas- und Strombezieher auch interessante Angebote für Nachtstromkunden geben.

Nach dem der Aufbau der Vertriebsgesellschaft als erster Baustein der Stadtwerke „bis auf die vielen Bewerbungsgespräche“ auf den Weg gebracht ist, konzentrieren sich Rau und Maxelon nun auf das wichtige Verfahren der Konzessionsvergabe. „Wir möchten ein Angebot abgeben, das die meisten Punkte und damit den Zuschlag erhält“, sagt Maxelon. Das erklärte Ziel sei, bis Ende 2013 die beiden Konzessionen für Gas und Strom und die dazugehörigen Versorgungsnetze zu besitzen.

Das Sonnenkraftwerk kann 100 Haushalte versorgen

„Noch visionär“ ist für Maxelon der dritte Schritt, der Aufbau eigener Kapazitäten zur Stromerzeugung. „Bis 2020 müssen wir aber in der Region ordentlich in Windkraft und Fotovoltaik investieren“, betont er. Auch die gleichzeitige Produktion vom Strom und Wärme durch Blockheizkraftwerke sei vorgesehen. „Ich freue mich, das ich die Energiewende in Stuttgart von Anfang an mitgestalten darf“, betont der Netzspezialist, der bis jetzt in leitender Position bei den Stadtwerken Krefeld war. „Wir haben die einmalige Chance, in den nächsten zehn Jahren in Stuttgart eine zukunftsfähige und dezentrale Energieversorgung aufzubauen.“

Ganz ohne Kraftwerk stehen die Stadtwerke aber schon heute nicht da: Im Frühjahr ist ein auf den Nebenhallen der Porsche-Arena und der Hanns-Martin-Schleyer-Halle errichtetes Sonnenkraftwerk ans Netz gegangen. Mit seiner Modulfläche von 2400 Quadratmetern kann es rund 100 Haushalte im Jahr mit Strom versorgen.