Für die Fans in Stuttgart kommt es zur ersten Bewährungsprobe: Am Sonntag spielen gleich drei Nationen mit Korso-Potenzial.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Egal, wer auf der Partymeile zum Jubelkorso ausrücken wird – die Polizei ist schon da. Die Theodor-Heuss-Straße in der Innenstadt, der Treffpunkt für fahnenschwingende und feiernde Fußballfans, hat seit wenigen Wochen unmittelbar im Zentrum des Geschehens ein nagelneues Polizeirevier. Mittendrin statt nur dabei.

 

Den Sonntag haben die Beamten des Reviers deshalb auch ganz dick im Kalender angestrichen. Bewährungsprobe. Denn an diesem Tag spielen bei der EM in Frankreich gleich drei Nationen mit dem größten Korso-Potenzial. Am Nachmittag Türkei gegen Kroatien – da hat auf alle Fälle eine Seite Grund zum Jubeln. Und am Abend die deutschen Fans mit dem Auftakt gegen die Ukraine. Wie sollen da die Streifenwagen ausrücken, wenn die Straße vor der Haustür wegen Fanpulks und Autokorsos abgesperrt ist?

„Wir haben sichergestellt, dass wir rein und raus kommen“, lässt Revierführer Joachim Barich wissen. Mit Gittern und verkehrslenkenden Maßnahmen. Und mit alternativen Ausfahrten. Ansonsten bleibt alles beim alten Konzept. Mit der Abstufung Grün-Gelb-Rot: Sobald eine größere Anzahl Autos in die Theodor-Heuss-Straße zum Jubelkorso anrollt und womöglich Fußgänger gefährdet, läuft Phase Gelb. Dabei wird die Achse zwischen Hauptbahnhof und Rotebühlplatz für den Autoverkehr gesperrt. Bei einem großen Ansturm von Fußgängern und Fahrzeugen gilt Rot: „Dann wird auch der Planietunnel in Richtung Bahnhof gesperrt“, sagt Polizeisprecher Olef Petersen. Für Autofahrer bedeutet das: Es geht nur noch um den Cityring.

Böblingen scheiter mit Glasverbot

Ob die neuen Blitzer in der Theo-Meile den Fans die Stimmung vergällen, ist noch unklar. Womöglich fährt in der Korso-Kolonne ohnehin nachts keiner über 30 km/h. Allerdings: In der ersten Viertelstunde, wenn die ersten Fan-Fahrer noch freie Fahrt haben, könnte es durchaus zum Blitzlichtgewitter kommen. Es sei denn, die Schiedsrichter der Stadt schalten vorher lieber ab.

Ein anderes Gewitter ist am Freitag in Stuttgart vorübergezogen: In Böblingen wollte die Stadt ein Schnaps- und Glasverbot durchsetzen – und scheiterte vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer, der vor Jahren ebenfalls in die Richtung eines örtlich und zeitlich begrenzten Alkoholverbots im Stadtzentrum gedacht hatte, sieht darin aber keinen Fingerzeig gegen das Stuttgarter Konzept eines Flaschenverbots für die Gastronomie. „Die Böblinger haben da offenbar nicht ausreichend konkrete Fallbeispiele vorgelegt.“

Für die Gefahr von Glas hat Stuttgart viele Beispiele

Die Verwaltungsrichter jedenfalls sprechen von einem „Gefahrenverdacht“ – und der „stellt noch keine konkrete Gefahr dar“. Gegen den Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden. In Stuttgart ist man da weiter – nicht zuletzt als Austragungsort bei der WM 2006. Dass Glas gefährlich ist, dafür hat es bei den vielen Europa- und Weltmeisterschaften reichlich Beispiele mit Verletzten gegeben. Schon seit Jahren ist es den Wirten in Stuttgart untersagt, Getränke zum Mitnehmen in Glasflaschen zu verkaufen. „Das gilt für den gesamten Innenstadtring“, sagt Stefan Praegert, Leiter der Dienststelle Sicherheits- und Ordnungsangelegenheiten beim Ordnungsamt. Allerdings: Das Verbot trifft nicht diejenigen Fans, die ihre Sixpacks von irgendwoher mitbringen. Es sei denn, es kommt noch anderer Ärger hinzu. Dann kann die Polizei eingreifen.

Allerdings gilt auch in Böblingen wie in Stuttgart und anderswo: Feuerwerkskörper anzünden, ist verboten.

Die letzten unschönen Szenen aus der Theodor-Heuss-Straße gehörten den deutschen Fans nach dem WM-Sieg 2014. Mehrere Fans kippten einen geparkten Smart aufs Dach, tanzten darauf herum. Es gab 20 000 Euro Schaden, die Rabauken wurden ermittelt. Polizeisprecher Petersen hält den Ball aber erst einmal flach: „Wir haben doch erst die Gruppenspiele“, sagt er, „also ruhig Blut.“