Das Haus im Stuttgarter Stadtteil Heslach, das seit etwa einem Monat besetzt ist, wird am Montag geräumt, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Die Besetzer waren während der Räumung nicht anwesend.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die beiden seit etwa einem Monat besetzten Wohnungen im Stuttgarter Stadtteil Heslach an der Wilhelm-Raabe-Straße werden geräumt. Einsatzkräfte hätten zuvor die betroffene Straße am Montag weiträumig abgesperrt, sagte ein Polizeisprecher am Morgen.

 

In der Wohnung im vierten Obergeschoss trafen die Beamten am Morgen zunächst niemanden an - ein Schlosser öffnete schließlich die Tür.Die Beamten unterstützen ihm zufolge die zuständige Gerichtsvollzieherin bei der Arbeit. Geräumt werden sollen demnach eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses und eine im vierten Obergeschoss. Von den Besetzern war während der Räumung niemand anwesend. Die Wohnung im vierten Obergeschoss war leer. Im Erdgeschoss befand sich ein 22-jähriger Mann, der das Haus verließ.

Der Anwalt der Eigentümer ist froh, dass sie Räumung friedlich lief. „Wir haben uns bis gestern Abend um eine Lösung ohne Gerichtsvollzieher mit kirchlichen Vertretern und Stadträten bemüht“, sagte er. Es stehe noch kein Konzept für die weitere Nutzung fest. Ein Mieter, der das hörte, widersprach: „Das stimmt nicht, man hat uns gesagt, es soll saniert und teurer werden.“ Er zahle aktuell 750 Euro Kaltmiete. Nach der Sanierung rechne er mit mindestens 1300 Euro. Das könnten die Mieter nicht mehr bezahlen.

Landgericht Stuttgart gab grünes Licht für Räumung

Vor etwa einem Monat waren eine dreiköpfige Familie und eine Mutter mit ihrem neunjährigen Sohn in das Haus gezogen, um gegen Leerstand in der Stadt zu protestieren. Die Familien wollten dem Aktionsbündnis „Recht auf Wohnen“ zufolge dauerhaft bleiben. Das Landgericht Stuttgart hatte aber jüngst grünes Licht für die Räumung gegeben.

Eine Hausbesetzerin erzählt, welche Bedeutung die Besetzung für sie persönlich hatte und wie ihr Umfeld auf die Aktion reagierte:

Unter den Besetzern waren nach Angaben des Innenministeriums auch Linksextremisten. Die Räumung lief Beobachtern zufolge zunächst friedlich ab. Aus den Wohnungen wurden mehrere Kisten getragen. Besitzer des Hauses ist ein Londoner Investor.

„Sollte sich keine zumutbare Bleibe bis zur Räumung finden, ist die Stadt sozialrechtlich verpflichtet, eine Notunterkunft bereitzustellen“, hatte ein Stadtsprecher zuvor gesagt. Dabei handele es sich aber lediglich um ein Provisorium - vermutlich Zimmer in einer Sammelunterkunft -, damit die Familien nicht auf der Straße stünden.

Satzung gegen Zweckentfremdung

Die Aktivisten beklagen, dass es mehr als 11 000 leerstehende Wohnungen in Stuttgart gebe. Die Stadt bezeichnete die Zahl zuletzt als „überhöht und veraltet“. Sie stamme aus dem Jahr 2011 und berücksichtige auch Wohnungen, die nur kurzfristig leer gestanden hätten. Derzeit werde der Leerstand auf etwa 3000 Wohnungen geschätzt.

Seit 2016 gilt in Stuttgart die Satzung gegen Zweckentfremdung. Sie soll sicherstellen, dass Wohnungen nicht länger als sechs Monate unbewohnt bleiben oder gewerblich genutzt werden. Der Stadt zufolge wurden seitdem mehr als 600 Verfahren wegen Fehlnutzung oder Leerstand eingeleitet. Aus Sicht der Aktivisten hat die Satzung nichts bewirkt.